24.09.2023

Am 19. September besuchte eine vierköpfige Delegation der Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich m.b.H. (GFF) das MAMUZ Schloss Asparn, um sich ein Bild von den wissenschaftlichen Arbeiten des GFF-geförderten Forschungsprojekts „United by Crisis?“ zu machen. Das Ende 2022 gestartete und von der Universität für Weiterbildung Krems, Zentrum für Museale Sammlungswissenschaften koordinierte Projekt verdankt seine Fortschritte auch der aktiven Beteiligung von Citizen Scientists. Infolge der Mithilfe von Schüler_innen und archäologiebegeisterten Freiwilligen konnten bereits zahlreiche weitere Überreste einer 7000 Jahre alten neolithischen Siedlungslandschaft zusammengetragen werden. Sie sollen bei der Klärung helfen, warum es damals zu einem Gewaltausbruch kam, der über hundert Menschen das Leben kostete.

Bereits zwischen 1983 und 2005 erfolgte Ausgrabungen in Asparn/Schletz lieferten Hinweise auf eine gewalttätige Auseinandersetzung vor über 7000 Jahren. In jahrelanger Feinarbeit wurden die teilweise verstreuten Überreste der Opfer geborgen und mit forensischen Methoden untersucht. Die menschlichen Überreste wiesen eine Vielzahl an Verletzungen auf, die von Steinbeilen, Keulen und Pfeilen stammen könnten. Die Körper wurden nicht regulär bestattet, sondern blieben unbeerdigt im Bereich der Siedlung und des Grabens liegen. Mit dem im Rahmen der FTI-Strategie Niederösterreich 2027 geförderten Forschungsprojekt „United by Crisis?“ wurde es dem Forscher_innenteam der Universität für Weiterbildung Krems, der Montanuniversität Leoben, der Universität für Bodenkultur Wien, des Naturhistorischen Museum Wien und der Landessammlungen Niederösterreich möglich, sich der Frage des Warum zu widmen: Was waren die Gründe für den Ausbruch von Gewalt? Gab es hier tatsächlich eine länger andauernde Krise? Woher kamen die Menschen, die in dieser Siedlung der sogenannten „linearbandkeramischen Kultur“ gelebt haben?

„Unglaublich spannend bei einem Projekt mitarbeiten zu können, durch das vielleicht in der ‚Decke‘, die über der prähistorischen Zeit liegt und die nur wenige ‚Löcher‘ hat, nun weitere ‚Löcher‘ eröffnet werden, die zu neuen Einsichten führen.“

Helga Müller, Citizen Scientist im Forschungsprojekt „United by Crisis“

 

Bereichernder Austausch mit Citizen Scientists

„Das Glücksgefühl bei der ersten gefundenen Steinklinge!“, so fasst Helga Müller ihre Erfahrung des Mitforschens am Projekt United by Crisis zusammen. Unglaublich spannend sei es, so Müller, bei einem Projekt mitarbeiten zu können, durch das vielleicht in der „Decke“, die über der prähistorischen Zeit liege und die nur wenige „Löcher“ habe, nun weitere „Löcher“ eröffnet werden, die zu neuen Einsichten führen würden. Müller ist wie derzeit 35 andere Archäologie-Interessierte sowie Schüler_innen des Schulzentrums Asparn an der Zaya als Citizen Scientist im Projekt „United by Crisis?“ beteiligt.

Die Zusammenarbeit mit interessierten Laien und erfahrenen Sammler_innen ist integrativer Teil des Forschungsprojekts. Bereits zu Projektbeginn im Februar 2023 stand ein Workshop zur theoretischen und praktischen Einschulung für Citizen Scientists und zum Erkennen von archäologischem Fundmaterial am Programm.

Durch die hohe Zahl von engagierten Citizen Scientists konnten die ersten der von Julia Längauer geleiteten systematischen Feldbegehungen an einigen Fundstätten sehr viel schneller als ursprünglich erwartet, bis Ende März abgeschlossen werden. Die Phase des Reinigens, Inventarisierens und Kartierens der Funde wurde damit früher als geplant begonnen.

Parallel dazu erfolgt eine intensive Zusammenarbeit mit dem Schulzentrum Asparn/Zaya. Zwei seiner Schulklassen begleiten das Projekt über die ganze Laufzeit, mit Schwerpunkt auf die im Projekt durchgeführten naturwissenschaftlichen Untersuchungen. Nach einer spielerischen Einführung mit mehreren Workshops zum Thema Archäologie, Chemie und Bodenkunde – bei denen etwa in einem rekonstruierten Steinzeit-Backofen Fladenbrote gebacken und mit einem aus Holz nachgebauten Massenspektrometer grundlegende Informationen zu Analysemethoden vermittelt wurden – entnahmen die Schüler_innen Bodenproben für die Erstellung einer Isotopenlandkarte und verfolgten vor Ort die Analyse dieser Proben durch die Universität für Bodenkultur und die Montanuniversität Leoben.

Gemeinsame Exkursion zu Fundstätte

„Der Besuch der Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich hat uns die Möglichkeit geboten, die Arbeitsfortschritte des Projekts zu präsentieren und zu zeigen, wie wichtig der Beitrag der Citizen Scientists für das bereits Erreichte und die weiteren Forschungen ist“, zeigt sich Projektkoordinator Mag. Jakob Maurer vom Zentrum für Museale Sammlungswissenschaften begeistert anlässlich des Besuchs der GFF-Vertreter_innen Mag. Mario Enzenberger, Dr. Florian Huber, Mag.a Sigrid Rulitz und Mag.a Karin Peter. Nach Besichtigung der für das Projekt im Schloss Asparn genützten Räumlichkeiten – Labor und Restaurierwerkstätte, archäologisches Funddepot und Büroräume – sowie einer Projektpräsentation erhielten die GFF-Vertreter_innen eine Einschulung ins Erkennen von Funden wie Keramikscherben und Steingeräten bei einer gemeinsame Exkursion zur Fundstelle Asparn/Schletz. Das Projekt „United by Crisis“ wurde gemeinsam von Franz Pieler, Landessammlungen Niederösterreich, Jakob Maurer, Julia Längauer und, Cornelia Hascher, Universität für Weiterbildung Krems, weiters von Michael Schober, Montanuniversität Leoben sowie von Maria Teschler-Nicola aus dem Naturhistorischen Museum vorgestellt. Das Projekt „United by Crisis? - Durch die Krise vereint? Eine transdisziplinäre Untersuchung frühneolithischer Gemeinschaften der Siedlungskammer von Schletz“ läuft noch bis 2025.

Weiterführende Informationen auf der Projektwebsite united by crisis

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