Informelle Siedlungen und Slums werden oft als Problem von Entwicklungs- und Schwellenländern verortet. Aber ExpertInnen beobachten auch in Europa und innerhalb der Europäischen Union prekäre und vielfach auch informelle Formen des Wohnens. Dazu findet am 23. und 24 Oktober ein öffentliches Symposium an der Donau-Universität Krems statt.
Zunehmende gesellschaftliche Polarisierung, ethnische Segregation und Ausgrenzung zwingen sogar im wohlhabenden Europa Menschen und soziale Gruppen, wie beispielsweise Flüchtlinge oder Roma-Gemeinden, unter schwierigen, teilweise unhygienischen und gesundheitsgefährdenden Umständen leben zu müssen. Während man hierzulande lange dachte, informelles Wohnen – wie etwa das berühmt berüchtigte Phänomen von wohnungslosen „Bettgehern“ – längst überwunden zu haben, sind informelle Siedlungen und Slums in weiten Teilen des globalen Südens Realität. Diese Wohnumstände sind eine häufige Begleiterscheinung von rasanten Urbanisierungsprozessen, die viele StädteplanerInnen und SozialwissenschafterInnen seit vielen Jahren genau beobachten und untersuchen.
Abwechselnd ein Bett teilen
„Aktuell können wir Ausprägungen von informellem Wohnen bei Roma-Siedlungen in Ost Europa, im so genannten „Dschungel“ von Calais, einer Zeltstadt von Flüchtlingen in Frankreich, oder auch bei Hausbesetzungen von leerstehenden Gebäuden durch Flüchtlinge in Italien beobachten“, erklärt Dipl.-Ing. Dr. Tania Berger, Forscherin und Wohnraumexpertin vom Department für Migration und Globalisierung der Donau-Universität Krems. Selbst im Nachbarland Deutschland finde man zahlreiche Entwicklungen von informellen Wohnformen bei bulgarischen und rumänischen ArmutsmigrantInnen in den Großstädten, wie etwa in Hamburg. „Aber auch in Österreich haben es anerkannte Geflüchtete aufgrund der hohen Mieten bei der Wohnungssuche schwer“, so Berger. Anerkannte Geflüchtete würden oft zu informellen Wohngemeinschaften gezwungen, wo sich mehrere Menschen abwechselnd ein Bett teilen und in Schichten schlafen müssen. „Ohne Mietvertrag gibt es keinen Meldezettel und keine Wohnadresse – die gesellschaftlichen Folgen sind fatal“, betont die Wohnraumforscherin.
Öffentliches Symposium in Krems
Vor diesem Hintergrund lädt das Department für Migration und Globalisierung der Donau Universität Krems Fachleute aus Indien und Europa zu einem öffentlichen Symposium am 23. und 24. Oktober 2019 am Campus der Donau-Universität Krems rund um das Thema „Informelles Wohnen“ ein, in dessen Rahmen sich den Teilnehmenden die seltene Gelegenheit zum unmittelbaren und persönlichen Austausch über dieses neue Brennpunktthema bietet. Die Veranstaltung findet im Rahmen des im EU Erasmus+ Programm geförderten Projekt „Building Resilient Urban Communities“ (BReUCom) statt. Das Projekt BReUCom läuft von 15.01.2019 bis 14.01.2022 unter der Projektverantwortung der Donau-Universität Krems.