17.11.2020

Das sechste Kremser Versicherungsforum, das am 10. November 2020 aufgrund von COVID-19 erstmals online veranstaltet wurde, brachte rund 200 BranchenexpertInnen und JuristInnen aus Österreich und Deutschland via Zoom zusammen. Aktuelle Fragen der Haftpflicht, der Rechtsschutzversicherung und des Versicherungsvertriebsrechts wurden diskutiert. Das Forum ist eine Kooperation des Departments für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen mit dem Fachverband für Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten der Wirtschaftskammer Österreich.

Die Tatsache, dass trotz stark veränderter Rahmenbedingungen mit 200 Personen das hohe Niveau an InteressentInnen wie zuletzt angesprochen werden konnte, zeigt, wie erfolgreich das Kremser Versicherungsforum als Fixtermin in der Branche verankert ist. „Es freut uns sehr, dass auch das Online-Angebot des Kremser Versicherungsforums sehr gut angenommen wurde. Das zahlreiche virtuelle Erscheinen bestätigt, wie wichtig der fachlich fundierte Austausch sowie die laufende Aktualisierung des Wissensstandes ist. Die Kombination der virtuellen Vorträge aus Lehre und Praxis brachten auch dieses Mal einen enormen Mehrwert für die TeilnehmerInnen“, so die Organisatorin des Forums, Dr. Arlinda Berisha, LL.M. vom Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Donau-Universität Krems.

Von der OGH-Judikatur und Veranlagungsklauseln

Ein Fixpunkt des Versicherungsforums ist das Eingehen auf die aktuelle Judikatur des OHG zur Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung. Hon.-Prof. Dr. Johann Höllwerth, Richter des Obersten Gerichtshofs im 7. Senat, behandelte in seinen Ausführungen neun Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs. Dabei spannte er einen Bogen von Fragen des Umfangs der Betriebshaftpflicht bis hin zur Bedeutung der Trennungstheorie von privatem und beruflichem Bereich in Rechtschutzversicherungen.

Univ.-Prof. Dr. Michael Gruber, Leiter des Forschungsinstituts für Privatversicherungsrecht an der Universität Salzburg, widmete seinen Vortrag der Veranlagungsklausel in der Rechtschutzversicherung. Er kommt zu dem Schluss, dass der Ausschluss von Streitigkeiten aus einem (auch fondsgebundenen) Lebensversicherungsvertrag entscheidend vom Wortlaut der relevanten Ausschlussklausel für Kapitalgeschäfte abhänge. Dabei sei auch die Fassung der ARB wichtig, da eine Veranlagungsklausel erst seit den ARB 2007 besteht.

Über D&O-Versicherungen und die DSGVO

Auf die Besonderheiten der Directors-and-Officers (kurz D&O)-Versicherung, einer speziellen Haftpflichtversicherung für Organe und Manager, ging MMag. Dr. Felix Hörlsberger, Rechtsanwalt und Partner der DORDA Rechtsanwälte in Wien, ein. Bei diesen Versicherungen auf fremde Rechnung, in der Regel zahlen Unternehmen für ihre Organe oder bestimmte Sonderfunktionen, sei unter anderem der Entgeltcharakter einer gesellschaftsfinanzierten D&O-Prämie strittig. Hörlsberger besprach in seinen Ausführungen auch den Anfechtungsverzicht wegen Arglist durch Versicherer, der im Voraus nach herrschender Judikatur unwirksam sei.

Die Herausforderungen für VersicherungsmaklerInnen aufgrund der Datenschutzgrundverordnung illustrierte Mag. Kerstin Keltner, Mitglied der erweiterten Geschäftsführung bei Koban Südvers Group GmbH, nach der Mittagspause. Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung wurde sowohl im Lichte der Art 6 Abs 1 und Art 9 Abs 2 DSGVO als auch im Lichte der Paragrafen 11a bis 11d des Versicherungsvertragsgesetzes betrachtet. Dazu wurden relevante Entscheidungen der Datenschutzbehörde analysiert. Der zweite Fokus lag auf den Betroffenenrechten, insbesondere auf dem Recht auf Berichtigung und Löschung sowie dem Widerspruchsrecht.

Zu den Bereichen POG und Courtage

Mag. Marguerita Sedrati-Müller, Rechtsanwältin im Insurance-Team der Wiener Wirtschaftskanzlei Schönherr, bot Einblicke in den Bereich POG (Product Oversight and Governance) unter besonderer Berücksichtigung von Abgrenzungsfragen und des wirksamen Zusammenspiels zwischen Versicherer und Versicherungsvermittlung. Auch über Haftungsfragen nach dem Zivilrecht, etwa nach § 28 Z 3 MaklerG, und die Möglichkeiten der FMA nach § 275 Abs 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) samt Verwaltungsstrafen nach den Paragrafen 256a und 322 VAG sowie nach § 366c Gewerbeordnung wurde informiert.

Den Abschluss der Präsentationen bildete Mag. Markus Freilinger, auf Versicherungsrecht spezialisierter selbständiger Rechtsanwalt in Wien, und das Thema Courtagevereinbarungen mit Versicherern. Durch die Umsetzung der IDD, der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie, und der DSGVO ergeben sich hier Neuerungen, die zu Anpassungen in den Klauseln führten. So bergen etwa die neu eingeführten Qualitätskriterien, mit denen unter anderem die Beratung oder Weiterbildung von MaklerInnen beurteilt wird, Fallstricke. Auch die Problemfelder der erweiterten Beratungs- und Informationspflichten der MaklerInnen, Schad- und Klaglosvereinbarungen sowie Pflichten aus FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) wurden erörtert.

Nächstes Versicherungsforum in Planung

Auch im Online-Format ließ es sich Mag. Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-Universität Krems, nicht nehmen, die Veranstaltung zu eröffnen. Die Moderation des Kremser Versicherungsforums übernahmen Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA, Geschäftsführer des Fachverbands der Versicherungsmakler, und Dr. Klaus Koban, Geschäftsführer der Koban Südvers Group GmbH. Das Forum fand unter Mitwirkung des Fachverbands der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten der Wirtschaftskammer Österreich statt und ist zum Erwerb des Weiterbildungszertifikats anrechenbar.

Die siebente Auflage des Kremser Versicherungsforums ist für den 9. November 2021 geplant. Ein Tagungsband zum 6. Kremser Versicherungsforum wird im Manz-Verlag vorbereitet.

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