12.11.2021

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der EU Strategy for the Danube Region (EUSDR) initiierten die Universität für Weiterbildung gemeinsam mit dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) eine Debatte über die Veränderungskraft regionaler Zusammenarbeit. Die Erfolge der Donauraumstrategie, Herausforderungen an die Multilevel-Governance und die Rolle der Universitäten in der Zusammenarbeit waren Gegenstand zweier Diskussionsrunden am 10. November.

Wenn Freiräume schrumpfen, wächst die Verantwortung einzelner AkteurInnen. Sie müssen trotz erschwerter Bedingungen den Kontakt und Austausch über nationale Grenzen hinweg suchen. Denn „nicht zu kooperieren ist keine Option,“ lautete die gemeinsame Stoßrichtung der diesjährigen Donaukonferenz 2021. Internationale Expert_innen, Ländervertreter_innen und PraktikerInnen aus dem Donauraum folgten am 10. November 2021 der Einladung des IDM und der Universität für Weiterbildung Krems und teilten ihre Sichtweisen auf die wachsende Verantwortung regionaler Akteur_innen bei der Bewältigung von Krisen.

In seinen Begrüßungsworten ging Friedrich Faulhammer, Rektor der Universität für Weiterbildung Krems auf den mancherorts im Donauraum wahrzunehmenden Druck auf Medien und Zivilgesellschaft im Schatten der Pandemie ein. Als Seismografen der gesellschaftlichen Entwicklung würden Universitäten diese teils in Richtung Nationalismus gehenden Veränderungen wahrnehmen und seien gefordert, für evidenzbasiertes Wissen, Vernunft und Grenzen überschreitende Zusammenarbeit zu stehen. „Wenn die demokratischen Fundamente ins Wanken geraten, ist es Zeit für unsere Grundfreiheiten intensiv einzustehen,“ so Faulhammer.

Landesrat Martin Eichtinger unterstrich im Zuge einer Videobotschaft das langjährige Engagement der ARGE Donauländer und des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) für regionale Zusammenarbeit und nachhaltigen Austausch zwischen den Ländern entlang der Donau. Eichtinger appellierte an die Gemeinsamkeit von Anstrengungen zum Schutz europäischer Werte gegen Desinformation und Angriffe auf demokratische Fundamente.

Grenzen überwinden, Wohlstand sichern

Die erste Diskussionsrunde unter dem Titel „In prosperity we trust?“ richtete den Blick auf die Ergebnisse von zehn Jahren Donauraumstrategie. Im Zentrum standen dabei die Kommunikation und Förderung makroregionaler Ansätze. Seit der Schaffung der EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR) im Jahr 2011 arbeiteten zahlreiche AkteurInnen an stärkeren Verbindungen der Länder des Donauraums auf ökologischer, verkehrstechnischer, sozialer und kultureller Ebene. Doch was haben diese in einem Jahrzehnt aus den Erfahrungen der makroregionalen Zusammenarbeit mitgenommen? Wie tragen regionale, grenzüberschreitende Ansätze zum Wiederaufbau nach der Pandemie bei? Welche Rolle nehmen Regionen in Zukunft ein, und wieviel Überzeugungskraft liegt im Nutzen makroregionaler Zusammenarbeit? Zu diesen Fragen diskutierten unter der Moderation von Sebastian Schäffer, Geschäftsführer des IDM, der rumänische Botschafter in Österreich, Emil Hurezeanu, Botschafter Harald Stranzl in seiner Funktion als nationaler Koordinator der EUSDR im Bundesministerium für Europa und Internationales sowie Ulrike Rauch-Keschmann, Sektionschefin für Tourismus und Regionalpolitik im Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Die Erfolge der Förderung von Nachwuchswissenschaftler_innen durch den Danubius Award präsentierte Martina Hartl, Referatsleiterin der Abteilung Internationale Forschungskooperation und Science Diplomacy des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Robert Lichtner, Koordinator des Danube Strategy Point der EUSDR gab in der Diskussion Einblicke in die Projekte des in Wien ansässigen Knotenpunkts. Simon Ortner, Leiter der Abteilung Internationale und Europäische Angelegenheiten, Land Niederösterreich und Generalsekretär der ARGE Donauländer, stellte die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft vor und zeigte Anknüpfungspunkte zu anderen Initiativen auf. In einer Videonachricht erläuterte Aleksandar Sofić, Landesrat für Regionale Entwicklung, interregionale Kooperation und lokale Selbstverwaltung der autonomen Provinz Vojvodina seine Sichtweisen zu den Potentialen regionaler Kooperation.

Autonomie der Universitäten stärken

„Die Zukunft Europas liegt in den Regionen“, ist Sebastian Schäffer, Geschäftsführer des IDM, überzeugt. Neben vielen Errungenschaften seit Start der EUSDR zeigten sich auf viele Handlungsräume, in denen die Akteur_innen aktiv werden könnten und müssten: etwa in grenzübergreifenden Desinformationskampagnen sowie in Erosionsprozessen im Vertrauen gegenüber Medien und Wissenschaft.

„Wir vergessen leider oft, dass Defekte der lokalen Öffentlichkeit demokratiepolitische Gefahren für die gesamte Region bergen“ so Daniela Apaydin (IDM), die die zweite Diskussionsrunde moderierte. Hochschulen und Universitäten müssten sich diesen Herausforderungen stellen und selbstkritisch ihre Rolle in der Entwicklung evaluieren. Darin wurden nötige Strukturreformen und neue Finanzierungsmodelle mit Fragen der akademischen Freiheit und Hochschulautonomie verknüpft.

Verringern Faktoren wie der zunehmende Wettbewerb auf globaler, nationaler und regionaler Ebene den Raum für Zusammenarbeit, Wissensaustausch und damit kulturellen Zusammenhalt? Welche Vorstellungen von Europäisierung herrschen in den unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten vor? Und wie reagieren Universitäten auf die Vertrauenskrise der Wissenschaft? Über die schrumpfende Autonomie von Hochschulen und die Chancen der Europäisierung diskutierten Snježana Prijić-Samaržija, Rektorin der Universität Rijeka, Prof. Peter Parycek, Vizerektor für Lehre/Wissenschaftliche Weiterbildung und digitale Transformation der Universität für Weiterbildung, Ferenc Hudecz, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und ehemaliger Ehrenpräsident der Donaurektorenkonferenz (DRC) sowie Laura Wiesböck, Soziologin und Gewinnerin des Danubius Young Scientist Award 2020.

Speerspitzen der Zusammenarbeit

Im Nachgang der Konferenz wies Vizekanzler a.D. Erhard Busek auf die Relevanz der interdisziplinären und internationalen Donaukonferenz hin. Der IDM-Vorsitzende sieht nach wie vor eine starke Verbindungskraft in der Donau, äußert aber Zweifel, dass diese genügend genutzt wird. Es gebe weltweit keinen Fluss, der in dieser Weise mit der Mischung von Kulturen verbunden sei. Busek stelle in Frage, ob der Verbindungskraft der Donau genügend Rechnung getragen werde. Angesichts der Fülle von kriegerischen Auseinandersetzungen und wechselseitigen Missverständnissen entlang dieses Stroms müsse es doch eigentlich das große Ziel sein, den Donauraum zu einem Raum des Friedens zu machen, so Busek.

Rektor Faulhammer betonte in seinem Schlussstatement die Relevanz der Wissensgesellschaft als zentraler Faktor für regionale Kooperation. „Angesichts steigender Herausforderungen ist es ermutigend zu sehen, wie breit das Spektrum an Kooperationsmöglichkeiten und konstruktiven Ansätzen in der Region ist. Universitäten bilden dabei die Speerspitze von Vernunft, Offenheit und evidenz-basierter Entscheidungsfindung. Sie müssen ihre Verantwortung wahrnehmen, grenzübergreifende Kontakte vertiefen und ihre Netzwerke weiter ausbauen,“ fasst Faulhammer die Aufgabenstellung für Universitäten zusammen. Investitionen in Bildung und Weiterbildung komme umso mehr eine Schlüsselrolle in der sozioökonomischen Entwicklung des Donauraums zu. Für Sebastian Schäffer sei im Rückblick auf zehn Jahre EUSDR vieles gelungen. „In den kommenden Jahren müssen wir diese Erfolge überzeugender kommunizieren und den Nutzen makro-regionaler Strategien noch besser sichtbar machen.“ Letztlich zeigten die Debatten der facettenreichen Tagung, dass ein gewisses Grundvertrauen in die Notwendigkeit grenzüberschreitender Kooperation auch jüngste Krisen überdauert und die makroregionale Strategie institutionell fest verankert ist.

Kooperationspartner der Donaukonferenz waren auch heuer die Universität für Bodenkultur (BOKU), Wien, die IMC Fachhochschule Krems sowie das Europa-Forum Wachau. Die Tagung steht unter Patronanz der ARGE Donauländer und wird vom Land Niederösterreich unterstützt.

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