22.10.2025

Wie entsteht Vertrauen, wodurch wächst es und lässt es sich erhalten? Unter diesen Leitfragen stand der Alumni-Tag 2025 der Universität für Weiterbildung Krems, der in hybrider Form am Campus und online stattfand. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung beleuchteten, warum Vertrauen eine entscheidende Ressource für die Zukunft darstellt – in Institutionen, Organisationen und nicht zuletzt in uns selbst.

Vizerektor Stefan Oppl eröffnete den Alumni-Tag und betonte den Zusammenhang zwischen Bildung und Vertrauen. Bildung, so Oppl, sei ein wesentlicher Katalysator, um Vertrauen in einer Gesellschaft zu fördern und zu festigen. Sie schaffe Räume, in denen Vertrauen wachsen könne, und bilde die Grundlage für Zusammenarbeit und gemeinsames Lernen.

Vertrauen als Regulator

In seiner Keynote „Vertrauen als Ressource für die (unternehmerische) Welt von morgen“ beleuchtete Vertrauensforscher Martin K. W. Schweer die zentrale Rolle von Vertrauen in einer komplexen und zunehmend unübersichtlichen Welt. „Tagtäglich erleben wir unzählige Situationen, in denen wir ohne ein gewisses Maß an Vertrauen überhaupt nicht handlungsfähig wären“, sagte Schweer. Vertrauen sei eine Voraussetzung für Kooperation, ermögliche Orientierung und reduziere Unsicherheit, sowohl im persönlichen als auch im organisatorischen Handeln.

Er beschrieb Vertrauen als psychologischen Regulator, der Stabilität schafft und Beziehungen trägt, betonte aber zugleich seine Fragilität: Es müsse immer wieder neu erarbeitet und gepflegt werden. Zum Abschluss seines Vortrags erinnerte Schweer mit einem Zitat des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt daran, dass Glaubwürdigkeit das Fundament jeder vertrauensvollen Zusammenarbeit bildet: „Vertrauen kann man nur herstellen, indem man sich selber anständig, durchsichtig und ehrlich benimmt […] Sei Beispiel und Vorbild.“


Interaktive Workshops

Nach der Keynote konnten die Teilnehmenden zwischen verschiedenen Workshops wählen, die Vertrauen aus rechtlicher, digitaler, psychologischer und persönlicher Perspektive beleuchteten. Dabei ging es etwa um die Frage, wie Vertrauen in Finanzinstitute entsteht und gesichert werden kann, wie sich in digitalen Umgebungen Falschinformationen erkennen lassen oder welche Rolle psychologische Sicherheit für Teamarbeit spielt. 

Auch das Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Selbstvertrauen wurde thematisiert – und wie beide Faktoren Resilienz, Motivation und Zusammenarbeit beeinflussen. Die unterschiedlichen Zugänge machten deutlich, dass Vertrauen nicht nur im institutionellen oder gesellschaftlichen Kontext, sondern auch als individuelle Ressource verstanden werden kann, die sich gezielt stärken und pflegen lässt.

Bildung und Nähe schaffen Vertrauen

Im Anschluss an einen KI-generierten Vortrag, der die Frage nach Authentizität und Vertrauen auf hochaktuelle Weise aufwarf, diskutierten Senior Researcher Noella Edelmann, Patricia Hladschik, Geschäftsführerin von „Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule“, Journalist Michael Köttritsch und Vizerektor Stefan Oppl unter der Moderation von Christina Hainzl, Leiterin der Plattform Nachhaltige Entwicklung (SDGs) an der Universität für Weiterbildung Krems, über Vertrauen in Gesellschaft, Bildung und Medien.

Vertrauen, so Edelmann, beruhe zunächst auf emotionale Nähe: „Wir vertrauen tendenziell immer gern dem oder derjenigen, die uns in irgendeiner Form nahe ist.“ In einer zunehmend digitalen Öffentlichkeit werde dieses emotionale Fundament jedoch auf die Probe gestellt. Je weiter der persönliche Bezug, desto größer der Bedarf an glaubwürdigen Strukturen.

Hladschik knüpfte daran an und betonte, dass Bildung Orientierung schafft und damit Sicherheit vermittelt: „Durch Bildung kriegen wir Orientierungskompetenzen in unterschiedlichsten Bereichen. Wenn wir diese Dinge besser verstehen und Orientierung haben, dann fühlen wir uns sicherer – Sicherheit gibt uns Vertrauen.“ Bildung könne zugleich Vertrauen fördern und Missstände sichtbar machen. Beides, so Hladschik, gehöre zu einer reifen demokratischen Kultur.

Auch der Journalismus spiele dabei eine zentrale Rolle. Köttritsch sprach über die Verantwortung, Emotionen nicht über Fakten zu stellen. Vertrauen könne „nur entstehen, wenn nachvollziehbar gearbeitet wird und Emotion nicht über Information gestellt wird“. Medien, so seine Einschätzung, tragen dazu bei, gesellschaftliche Zusammenhänge verständlich zu machen, können sie aber auch unübersichtlicher erscheinen lassen.

Für Oppl schließlich liegt Vertrauen im Kern von Bildung selbst. Wer sich auf einen Bildungsprozess einlässt, gebe ein Stück Vertrauen in die Institution: „Das ist ein Stück weit ein Vertrauensvorschuss, den uns jemand in der Gesellschaft gibt, wenn wir mit einem Bildungsabschluss hier rausgehen. Und das ist auch der Auftrag an die Bildungsinstitution, dieses Versprechen zu halten.“

Die Diskussion, die mit Beiträgen aus dem Publikum erweitert wurde, rundete das Thema des Alumni-Tags ab. Sie zeigte, dass Vertrauen kein unveränderlicher Zustand ist, sondern durch Dialog, Transparenz und nicht zuletzt Bildung immer wieder neu entsteht.

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