01.12.2025

Das Projekt PAIR entwickelt eine Prognose-Plattform samt Mobilgerät zur PCR-Testung. Gedacht ist diese Entwicklung zur raschen Feststellung drohender Pandemien. Der Mehrwert liegt vor allem im Zeitgewinn für Veterinäre und Mediziner_innen in der Peripherie. Als Projektpartner der koordinierenden Universität Kopenhagen bringt die Universität für Weiterbildung Krems ihre Expertise in der klinischen Validierung sowie bei Prozessen mit ethischen Fragestellungen ein.

Wie lassen sich potenzielle pandemische Ausbrüche gefährlicher Viren früher erkennen – und wie können Gesundheitsbehörden schneller reagieren, bevor sich eine Krankheit großräumig ausbreitet? Diese Frage steht im Zentrum des europäischen Forschungsprojekts Pandemic Information to Support Rapid Response (PAIR). Das international besetzte Konsortium unter Leitung der Universität Kopenhagen entwickelt ein integriertes System, das sowohl ein tragbares PCR-Diagnosegerät als auch eine KI-basierte Datenplattform umfasst. Die Universität für Weiterbildung Krems ist dabei maßgeblich an der klinischen Validierung beteiligt und verantwortet zusätzlich die ethische Koordination des Projekts.

Das Konzept basiert auf zwei ineinandergreifenden Komponenten. Die erste ist ein mobiles Point-of-Care-PCR-Gerät, das in rund 15 Minuten hochqualitative Ergebnisse liefert – und das auch unter Bedingungen, in denen medizinische Infrastruktur fehlt. Die zweite Komponente ist die PANRISK-Plattform, eine KI-gestützte Softwareumgebung, die große Datenmengen aus Laboren, Krankenhäusern, veterinärmedizinischen Einrichtungen und weiteren Quellen zusammenführt. Ziel ist es, ungewöhnliche Häufungen rasch zu erkennen, Ausbruchsherde geografisch einzuordnen und mögliche Verbreitungswege vorherzusagen.

„Die Plattform soll eine zentrale Datenverarbeitung aus sehr unterschiedlichen Quellen ermöglichen – von Labors über Krankenhäuser bis zum Veterinärbereich“, erklärt Matthias Pilecky, PhD, wissenschaftlicher Projektpartner der Universität für Weiterbildung Krems. Damit schafft PAIR erstmals eine einheitliche Datenbasis, die sowohl human- als auch veterinärmedizinische Informationen zusammenführt – ein entscheidender Aspekt, da viele potenzielle Pandemieerreger aus dem Tierreich stammen.

Mobile Diagnostik für blinde Flecken

Das mobile PCR-Gerät ist bewusst so konzipiert, dass es Diagnostiklücken schließen soll. Pilecky schildert die Idee anschaulich: „Das Gerät soll dort Lücken schließen, wo es zu wenig diagnostische Kapazitäten gibt – sei es aus Budgetgründen, wegen abgelegener Regionen oder im Anlassfall eines Ausbruchs.“ Pilecky denkt insbesondere an Ärzt_innen in der Peripherie, die zumeist auch labordiagnostische Aufgaben selbst übernehmen müssen. Denn ein klassisches Labor ist nicht erforderlich, ebenso wenig eine stabile Stromversorgung. Das macht das System besonders wertvoll in Einsatzgebieten, in denen Proben bisher über weite Strecken transportiert werden müssen oder wo schlicht keine molekulare Diagnostik verfügbar ist.

Wie groß der Zeitgewinn sein kann, zeigte sich während der COVID-19-Pandemie. Ein System wie PAIR hätte an Hotspots unmittelbar für bessere Entscheidungsgrundlagen sorgen können: „In einem Ausbruchsgebiet hätte man mit einem solchen System schneller triagieren können – wer muss isoliert werden, wer kann nach Hause? Das schafft eine deutlich bessere Entscheidungsgrundlage vor Ort.“ Gleichzeitig erlaubt die Plattform, Daten aus Routinetests mit Bewegungs- und Handelsströmen zu verbinden. Die KI der Plattform lernt aus diesen Informationen, um vorherzusagen, an welchen Orten eine Weiterverbreitung wahrscheinlich ist.

Ethik und klinische Validierung

Die Universität für Weiterbildung Krems übernimmt im Konsortium eine zweigeteilte Rolle: Zum einen koordiniert das Department für Biomedizinische Forschung sämtliche ethischen Prozesse, von Einwilligungsprozessen über Datenschutzfragen bis hin zur Abstimmung mit nationalen Ethikkommissionen. Zum anderen leitet das Team unter Pilecky die klinische Validierung des neuen Systems. Diese findet in mehreren europäischen Ländern statt – darunter Österreich, Dänemark, Spanien, Frankreich und Lettland. Parallel dazu erfolgt eine veterinärmedizinische Testung über weitere Partnerinstitutionen.

Die klinische-veterinärmedizinische Validierung der Systeme ist ein entscheidender Schritt, bevor das Gerät in realen Einsatzsituationen erprobt wird. Dieser erfolgt 2026. Im Folgejahr sollen ausgewählte Einrichtungen – darunter Arztpraxen, Spitäler und veterinärmedizinische Betriebe – das Gerät in Alltagssituationen testen. Ziel ist es, Belastbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit im praktischen Feld zu beurteilen.

Neben den technischen und klinischen Aspekten widmet sich PAIR auch gesellschaftlichen Fragen. Gemeinsam mit sozialwissenschaftlichen Partnerinstitutionen untersucht das Projekt, wie sich der Zugang zu Diagnostik auf soziale und gesundheitliche Ungleichheiten auswirkt. Während der Pandemie zeigte sich deutlich, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen benachteiligt waren – etwa, weil sie Tests nicht finanzieren konnten oder schlechteren Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten. PAIR möchte hier langfristig zu mehr Chancengleichheit beitragen.

Ein Werkzeug für die Zukunft

Das Projekt ist auf mehrere Jahre angelegt und läuft bis 2028. Trotz einer Verzögerung durch einen notwendigen Laborumzug auf dänischer Seite liegt PAIR im Zeitplan. Bis Ende 2026 sollen sowohl Diagnosesystem als auch Prognoseplattform technisch ausgereift sein. Anschließend folgt eine breit angelegte Pilotphase mit Gesundheitsbehörden in mehreren Ländern. Erst danach entscheidet sich, ob PAIR europaweit adaptiert wird oder in die Weiterentwicklung anderer Systeme einfließt.

Sicher ist schon jetzt: PAIR besitzt das Potenzial, den Umgang mit Ausbrüchen grundlegend zu verändern. Durch die Kombination aus schneller Diagnostik, datenbasierter Risikoabschätzung und enger Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin entsteht ein Werkzeug, das weit über den pandemischen Ernstfall hinaus genutzt werden kann. Für die Universität für Weiterbildung Krems bietet das Projekt zudem die Möglichkeit, ihre Expertise in klinischer Forschung, Ethik und translationaler Medizintechnologie europaweit sichtbar zu machen.

 

Das Projekt im Überblick:

Pandemic Information to Support Rapid Response (PAIR)

Fördergeber: EU – Horizon Europe

This project has received funding from the European Union’s Horizon Europe research and innovation program under grant agreement number 101181142

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Co-funded by the European Union. Views and opinions expressed are however those of the author(s) only and do not necessarily reflect those of the European Union or the European Health and Digital Executive Agency (HADEA). Neither the European Union nor the granting authority can be held responsible for them

Leitung: Copenhagen University, Dänemark

Zuständig an der Universität für Weiterbildung Krems: Matthias Pilecky, PhD für das Department für Biomedizinische Forschung

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