Die Plattform für Nachhaltige Entwicklung kündigt das Projekt "Europäische Un/Ordnungen" in Zusammenarbeit mit dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) und Österreichisches Institut für Internationale Politik (OIIP) an. 

„Klimakrise“, „Migrationskrise“, „Populismus“, „Radikalisierung“ – in den Nachrichten und den öffentlichen Diskursen geht es um diverse Krisen, welche unsere „Ordnung“ gefährden würden. Das Projekt „Europäische Un/Ordnungen“ an der Universität für Weiterbildung Krems will einerseits der Frage nachgehen, wie Begriffe von „Ordnung“ und „Unordnung“ in den Krisendiskursen bedient werden bzw. aus theoretischer Perspektive konzeptuell erfasst werden können; andererseits sollen konkrete thematische und regionale Fallbeispiele entlang der „Ordnung“ / „Unordnung“-Konzepte behandelt werden. 

„Ordnung“ / „Unordnung“

„Ordnung“ gilt geläufig als ein positiv besetzter Begriff, demgegenüber „Unordnung“ als „Krise“ verstanden wird. „Ordnung“ wird ideologisch mit „Normalität“ verbunden, was aber das Bestehende rechtfertigt und alles Abweichende als „Abnormalität“, „Krise“ ausschließt. „Ordnung“ bedeutet dabei ein statischer Zustand, der aber gerade dem Wesen der Demokratie, ständig wechselbar und wechselhaft zu sein, widerspricht. Im Projekt soll diese dichotomische Aufteilung und Bewertung von „Ordnung“ / „Unordnung“ hinterfragt werden. 

Indem die Demokratie als „Herrschaft auf Zeit“ (O. Lepsius) verstanden wird, lassen sich die „Krisen“, die „Unordnungen“ positiv als gesellschaftliche, politische, kulturelle Dynamik umdeuten. Die Demokratie lebt von den Änderungen (der Mehrheits- und Minderheitenverhältnisse), weswegen sie nicht eine substantielle „Ordnung“ erfordert und voraussetzt, sondern einen dynamischen, ergebnissoffenen Prozess – in diesem Sinne: „Unordnung“ – erzeugt. Ein statisches, substantielles „Ordnung“-Konzept (im Sinne von „Normalität“) schließt die notwendigen Änderungen einer pluralistischen Gesellschaft aus: Pluralismus heißt insofern immer „Unordnung“.

„Universalismus“ / „Partikularismus“

Dabei lässt sich ebenso erforschen, wie Universalismus (als „Ordnung“, „Einheit“) durch Partikularismus (als „Unordnung“, „Vielheit“) herausgefordert, womöglich ersetzt wird. Während die Modernität – sowohl gesellschaftlich als auch theoretisch – universal verfasst und gedacht ist (Staatlichkeit, „große Erzählungen“, Systemtheorien, Menschenrechte usw.), ist das postmoderne Zeitalter durch Fragmentierungen des Wissens, der Identitäten, der Souveränitäten (d.h. der modernen „Ordnungen“) geprägt, was zugleich Parallele zu den mittel- und frühneuzeitlichen Partikularismen aufweist.  

Insofern lässt sich das Verhältnis von „Ordnung“ / „Unordnung“ auch im Kontext von „Universalismus“ / „Partikularismus“ erfassen, was Themen wie die Rolle der Nationalstaatlichkeit, der systematische Einheitsgedanke der Wissenschaften oder die Polarisierung / Pluralisierung der Gesellschaften usw. mit betrifft. Die heutigen „Krisen“ lassen sich insofern auch als Transformationsprozess zwischen modernen und postmodernen Ideen / Realitäten bzw. als „Krise der Modernität“ verstehen.

„Krise in der europäischen Demokratie“ / „Krise der europäischen Demokratie“

Ausgehend aus einem konzeptuellen Umdenken und Umwerten von „Ordnung“ / „Unordnung“ lassen unterschiedliche (soziale, politische, kulturelle, ökologische) „Krisen“ unter anderem angesichts der Frage untersuchen, ob sie eine faktische Anomalie ansprechen oder die „Krise“ (insofern eine negativ konnotierte „Unordnung“) narrativ erzeugen. 

In diesem Sinne wird im Projekt angestrebt, konkrete Fallbeispiele von „Krisen“ (bzw. „Krisen“-Diskurse) – thematisch bzw. mit einem starken Fokus auf Zentraleuropa zu bewerten und zu analysieren. 

 

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