24.01.2020

Internationale ExpertInnen sprachen am 6. Europäischen Forum für evidenzbasierte Prävention (EUFEP) über die Identifizierung von Gesundheits-Fake News, wie man diesen entgegentritt und über Online-Plattformen, die bereits vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen anbieten. Gefordert wurden Aufklärungskampagnen, bessere Öffentlichkeitsarbeit, bessere Verbreitung von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen, Verbesserung der Kommunikation zwischen ÄrztInnen und PatientInnen und Weiterbildungen für Gesundheitsfachkräfte.

Bei der Begrüßung unterstrich Univ.-Prof. Dr. Gerald Gartlehner, MPH, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Donau-Universität Krems, die Relevanz von vertrauenswürdiger, evidenzbasierter Gesundheitsinformation im Zeitalter von Fake News. Dieser Kongress trage somit zur Aufklärung bei, indem man Menschen sensibilisiere und zeige, wo man fundierte Information finde beziehungsweise wie man falsche Informationen erkenne. Gemeinsam mit Frau Dr. Angela Kaminski-Hartenthaler, Wissenschaftlerin am Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, hatte Gerald Gartlehner die wissenschaftliche Leitung des EUFEP Kongresses inne.  

Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin an der Donau-Universität Krems, legte die Bedeutung des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation und des Zentrums Cochrane für die Donau-Universität Krems dar. In den Begrüßungsworten von Dr. Martin Eichtinger, NÖGUS-Vorsitzender und Landesrat in der niederösterreichischen Landesregierung, umriss er das Ziel, den Menschen mehr Sicherheit im Umgang mit Informationen im Internet zu geben. Dies zähle auch zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung, so der Landesrat.

Fake News als Gesundheitsgefahr

Im Plenum sprachen Dr. Riko Muranaka, Forscherin an der Universität Kyoto sowie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, und Emilie Karafillakis, MSc, Forscherin an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, über Impfmythen. Muranaka stellte dar, wie aufgrund von Falschmeldungen die HPV-Impfrate in Japan von 70 Prozent auf ein Prozent fallen konnte. Seither betreibt Frau Muranaka Aufklärungsarbeit, um die HPV-Impfrate wieder zu erhöhen.

Emilie Karafillakis erforscht unter anderem den Einfluss von sozialen und digitalen Medien auf Impfraten. Ihre Ergebnisse zeigten, dass emotionale Kampagnen die Menschen stärker beeinflussen als bloße Fakten. Hier könne man nur mit einer Stärkung des Vertrauensverhältnisses zwischen PatientInnen und ÄrztInnen sowie der Verbreitung von evidenzbasierten Informationen reagieren.

Schädliche Gesundheitsinformation erkennen und entkräften

Philipp Schmid, MSc, Universität Erfurt, zeigte Möglichkeiten auf, um Medizinmythen zu entkräften. Zuerst müsse man die WissenschaftsleugnerInnen erkennen. Diese erkenne man zum Beispiel daran, dass sie gegen die etablierten Meinungen seien, Interessensvertretungen von Firmen übernehmen oder Ängste und Phobien verbreiten. Um aktiv gegen diese Medizinmythen und falschen ExpertInnen vorzugehen, müsse man eine Streitkultur einführen. Man müsse die Bedrohung aufspüren, eine Abwehrhaltung vorbereiten und in Zusammenarbeit mit den Medien evidenzbasierte Gesundheitsinformationen verbreiten.

Best Practice – Gute Gesundheitsinformation

ReferentInnen stellten diverse Plattformen vor, die evidenzbasierte Gesundheitsinformationen verbreiten. Das Projekt Medizin-Transparent.at beantwortet Anfragen von LeserInnen. Im Durchschnitt erhält die Redaktion, unter der Leitung von MMag. Bernd Kerschner von der Donau-Universität Krems, 200 bis 300 Anfragen pro Jahr. Diese beziehen sich meist auf Werbebehauptungen oder verbreitete Gesundheitsmythen. Auf Basis wissenschaftlicher Studien wird der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen überprüft und auf der Website veröffentlicht.

Nicola Kuhrt und Hinnerk Feldwisch-Drentrup präsentierten die Plattform MedWatch. Die ReferentInnen erzählten, dass sie das Netz und Zeitungen täglich nach gefährlichen und unseriösen Versprechungen absuchen. Ziel sei es, die LeserInnen mit tagesaktuellen Nachrichten, Interviews und Reportagen über Gesundheitsthemen und Fake-Seiten aufzuklären.
Die britische Plattform Behind the headlines wurde von Dr. Rob Cook vorgestellt. Sie wird der Bevölkerung vom öffentlich finanzierten Gesundheitsdienst National Health Service in England zur Verfügung gestellt. Diese Plattform überprüft den Wahrheitsgehalt von britischen Medienberichten.

Dr. Klaus Koch, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, stellte die Website gesundheitsinformationen.de vor. Koch erklärte, dass man den Fokus auf gute, vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen verschieben könne. Da 52 Prozent der Bevölkerung das Internet zur Beschaffung von Gesundheitsinformationen benutzen, sollte auch gute Gesundheitsinformation in passenden Formaten angeboten werden.

Fake News in der Allgemeinmedizin

Dr. Stephanie Poggenburg, Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin, sprach über das Vertrauensverhältnis zwischen PatientInnen und ÄrztInnen. Hier seien die Kommunikation, zwischenmenschliche Faktoren und Zeit besonders wichtig um Fake News zu entkräften. In diesem Bereich müsse auch die Ausbildung aufgewertet und verbessert werden. Man benötige gute Vorbilder, die das als Arzt/Ärztin auch vorleben. Zusätzlich forderte Poggenburg eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis und eine Aufwertung des Hausarztberufes.

Dr. Nicole Posch, MPH, von der Medizinischen Universität Graz stellte die EVI-Box vor. EVI ist ein steirisches Pilotprojekt, welches das Ziel verfolgt die Gesundheitskompetenz von PatientInnen mit Hilfe von qualitativ hochwertigen Gesundheitsinformationen in allgemeinmedizinischen Praxen zu erhöhen.

Peter Nowak, Leiter der Abteilung Gesundheit und Gesellschaft an derGesundheit Österreich GmbH referierte über das Thema Medical Fake News als Herausforderung für die Gesundheitskompetenz von BürgerInnen und PatientInnen. Er forderte eine gute digitale Orientierung mit interessanten Tools und Initiativen im Gesundheitsbereich. Diese müsse strukturell im Gesundheitswesen verankert sein, damit Verbindlichkeit, Finanzierung, Bündelung guter Gesundheitsinformationen, Entwicklungen im PatientInnenrecht, Weiterbildungen der Gesundheitsfachkräfte sowie eine breite Öffentlichkeitsarbeit gewährleistet werden.
 

 

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