02.08.2021

Das Antiparasitenmittel Ivermectin wird als mögliches Medikament gegen COVID-19 diskutiert. Die Faktencheck-Plattform Medizin Transparent (Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation) bewertet das Medikament allerdings als möglicherweise nicht wirksam gegen das Virus. Ein aktueller Cochrane Review kommt zum selben Schluss: Die verfügbaren Studienergebnisse bestätigen eine Wirksamkeit von Ivermectin bei COVID-19 nicht.

Die Ergebnisse des neu vorliegenden Cochrane Reviews zu Ivermectin gegen COVID-19 sind ernüchternd: Das Medikament scheint weder das Sterberisiko zu verringern, noch den Zustand von COVID-19-Patient_innen zu verbessern. Verglichen wurde Ivermectin in den Studien mit einem Placebo oder der Standardbehandlung. Ob Ivermectin zur Vorbeugung von COVID-19 wirksam ist, können die bisherigen Studien nicht beantworten. Die Verlässlichkeit der im Review zusammengefassten Studienergebnisse schätzen die Autor_innen zudem als niedrig bis sehr niedrig ein. Aktuell laufen noch größere Untersuchungen, die die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit von Ivermectin gegen COVID-19 analysieren. Sind diese abgeschlossen, wird eine sicherere Einschätzung möglich sein. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA (European Medical Agency) und die Weltgesundheitsorganisation WHO raten derzeit vom Einsatz von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 ab.

Ergebnisse bekräftigen Faktencheck von Medizin Transparent

„Die Hoffnungen, die auf Ivermectin in Zusammenhang mit COVID-19 gesetzt werden bzw. wurden, sind möglicherweise nicht gerechtfertigt. Die Ergebnisse des aktuellen Cochrane Reviews bestätigen diese Einschätzung,“ stellt MMag. Bernd Kerschner, Projektleiter von Medizin Transparent, fest. Das Team von Medizin Transparent prüft kontinuierlich Mythen und Fakten rund um das Coronavirus auf ihren Wahrheitsgehalt. Die Beiträge auf Medizin Transparent werden laufend aktualisiert.

14 Studien mit 1678 Teilnehmenden in Review eingeschlossen

Der kürzlich veröffentlichte Cochrane Review fasst die Ergebnisse von 14 Studien mit insgesamt 1678 Teilnehmenden zusammen und bewertet diese kritisch (Stand der Literatursuche: 26. Mai 2021). Die Studien untersuchten unter anderem den Einfluss einer Ivermectin-Behandlung auf die Sterblichkeit und Schwere der Erkrankung, die Länge des Krankenhausaufenthaltes und eine eventuelle vorbeugende Wirkung.

Nur hoch dosiert wirksam in Zellkulturen

Ivermectin wird seit Jahrzehnten erfolgreich gegen Parasiten wie Würmer, Milben und Läuse bei Menschen und Tieren eingesetzt. Auslöser für den Hype um das Medikament in Verbindung mit COVID-19 war unter anderem eine Laborstudie aus dem April 2020. Sie zeigte, dass Ivermectin in Zellkulturen die Vermehrung des für COVID-19 verantwortlichen Virus SARS-CoV-2 hemmen kann. Die dabei verwendete Dosis lag jedoch weit über jener, die für Menschen als unbedenklich gilt. Trotzdem veranlassten diese Beobachtungen – zusammen mit den positiven Ergebnissen anderer kleiner Studien – diverse Lobbygruppen dazu, den Einsatz von Ivermectin als Medikament gegen COVID-19 zu forcieren. Insbesondere in Südamerika begannen viele Menschen auf eigene Initiative mit der präventiven Einnahme von Ivermectin.

Hintergrund: Medizin Transparent

Medizin Transparent prüft Gesundheitsinformationen und -behauptungen aus Werbung, Medien und dem Internet auf ihren wissenschaftlichen Wahrheitsgehalt – so auch Falschmeldungen rund um das Coronavirus. Ziel ist es, die aktuelle wissenschaftliche Faktenlage objektiv darzustellen und für die Bevölkerung verständlich aufzubereiten. Die bearbeiteten Themen basieren in der Regel auf Anfragen interessierter Bürger_innen. Alle Recherchen werden nach den strengen wissenschaftlichen Standards der evidenzbasierten Medizin durchgeführt.

Die Rechercheplattform arbeitet transparent und unabhängig. Finanziert wird Medizin Transparent ausschließlich durch öffentliche Gelder des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) und der Bundesgesundheitsagentur. Medizin Transparent nimmt weder Gelder aus der Industrie an, noch wird auf der Webseite Werbung geschaltet.

Gegründet wurde Medizin Transparent 2011 als Projekt der wissenschaftlichen Non-Profit-Organisation Cochrane Österreich mit Sitz an der Universität für Weiterbildung Krems. Cochrane Österreich ist Teil des internationalen Wissenschafts-Netzwerks Cochrane. Um möglichen Interessenkonflikten vorzubeugen, nimmt Cochrane keine kommerziellen Sponsorengelder an. Ziel von Cochrane ist es, die Studienlage zu gesundheitsrelevanten Fragen objektiv und unabhängig zusammenzufassen und zu analysieren, um damit Grundlagen für fundierte Gesundheitsentscheidungen bereitzustellen.

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