Beschreibung

Schlaganfälle der hinteren Zirkulation weisen in der Regel eine andere Symptomatik auf als die der vorderen zerebralen Gefäßterritorien. Die Symptome sind oft schwerer zuzuordnen und entsprechen nicht den als typisch empfundenen Schlaganfallkennzeichen und sind in den meisten Schlaganfallskalen nicht abgebildet. Auf Grund der schlechteren Wahrnehmung der Symptome durch die Betroffenen selbst und durch beobachtende Laien resultiert eine verzögerte Alarmierung, durch die schlechtere Wahrnehmung im Prähospitalbereich ein ungenügendes Erkennen und Zuordnung in die notwendigen Versorgungswege. Eine geringere Rate an rekanalisierenden Therapien (Thrombolyse, Thrombektomie) ist die Folge. Im österreichischen Stroke Unit Register beträgt die durchschnittliche Lyserate bei Infarkten der vorderen Zirkulation 16,6%, bei der hinteren Zirkulation nur 8,6% außerdem ist die onset to door und die onset to treatment time bei diesen Hirninfarkten länger. Insbesondere bei Patienten mit hinterem Zirkulationssyndrom (Posterior Circulation Syndrome, POCS) im späten Zeitfenster ist der funktionelle outcome nach drei Monaten schlechter als bei Patienten mit vorderem Zirkulationssyndrom (Anterior Circulation Syndrome, ACS) . In Österreich ist in einigen Bundesländern seit mehreren Jahren die Austrian Prehospital Stroke Scale (APSS) im Einsatz, um Schlaganfälle mit erhöhter Wahrscheinlichkeit eines Großgefäßverschlusses (Large vessel occlusion, LVO) zu registrieren. Dieser ist an den FAST Test und andere publizierten Scores wie den RACE score angelehnt. In Wien, Niederösterreich und Tirol ist der APSS in den Standard der prähospitalen Versorgung eingebunden. In Niederösterreich wurde der APSS im Zuge des NÖGUS Projektes „rasche Hilfe bei Schlaganfall“ erfolgreich implementiert und ist in der elektronische Leisystem des Notruf Niederösterreich (LEODOK) einprogrammiert. Wie der FAST Test und die meisten anderen prähospitalen Schlaganfall-Scores bildet der APSS überwiegend häufige Symptome der vorderen Gehirnzirkulation ab wie Motorik und Sprache. Sehr charakteristische Erscheinungsbilder bei Störungen der hinteren Zirkulation wie Gleichgewichtsstörung (hinweisend auf Kleinhirnpathologie) oder Doppelbildsehen (hinweisend auf Störungen im Pons oder Mittelhirn) werden nicht abgefragt. Dementsprechend ist die Sensitivität dieser Scores für Schlaganfälle der hinteren Zirkulation deutlich geringer. Bisher existieren nur wenig Versuche, die diagnostische Treffsicherheit von Schlaganfallscores gezielt zu verbessern. Ein Beispiel ist der BEFAST Test, beim dem die Buchstaben B für balance und E für eyes das Hinzufügen von Abfragen zu Gleichgewichtsstörung und visuellen Symptomen zum dem herkömmliche FAST-Test beschreibt. Damit wurde nachweislich die Rate verpasster Schlaganfälle im Vergleich zum normalen FAST-Test von 14 % auf 4,4 % gesenkt . In einer Metanalyse von 9 Studien mit 6151 Patienten zeigte sich eine höhere Spezifität für den BEFAST gegen über dem FAST Test, allerdings auch eine vergleichsweise niedrigere und zwischen den einzelnen Studien heterogene Sensitivität . Bislang wurde noch nicht untersucht, ob die Einführung dieses Tests auch die Rate an Schlaganfallpatienten mit rekanalisierenden Therapien erhöhen kann. Das Forschungsprojekt APPS+ versteht sich als wissenschaftliche Ergänzung zu dem in Zusammenarbeit mit dem NÖGUS geplanten Qualitätsprojekt APSS+, im Rahmen dessen die praktische Implementierung und strukturiert organisierte Anwendung des neuen Scores stattfinden wird.

Details

Projektzeitraum 01.07.2024 - 28.09.2026
Fördergeber Bundesländer (inkl. deren Stiftungen und Einrichtungen)
Department

Department für Klinische Neurowissenschaften und Präventionsmedizin

Zentrum für Vaskuläre Prävention

Projekt­verantwortung (Universität für Weiterbildung Krems) Assoz. Prof. Dr. Karl Matz
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