Die Universität für Weiterbildung Krems pflegt eine enge Zusammenarbeit mit der Kappadokien Universität in der Türkei. Im Sommer 2025 absolvierte Berra Kızılyazı, Studentin des Department für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen, ein Erasmus+ Praktikum in Krems und führte für das Ankara Center for Crisis and Policy Studies ein Interview mit Ass.-Prof. Dr. Anna Kaiser, Leiterin des Zentrums für Kulturgüterschutz, über die Auswirkungen aktueller bewaffneter Konflikte auf das weltweite Verständnis von Kulturgüterschutz.
Dr. Kaiser erläuterte, wie jüngste bewaffnete Konflikte den Schutz von Kulturgut von einer rechtlichen Pflicht zu einer operativen Notwendigkeit verschoben haben. Konzepte wie Resilienz und Vorsorge prägen heute Strategien wie digital twins, „No-Strike“-Listen und dezentrale Verwahrung. Sie betonte, dass der Kulturgüterschutz in militärische Planungen und Allianz-Doktrinen eingebettet werden müsse, auch wenn zwischen den Prinzipien der Haager Konvention 1954 und der nationalen Umsetzung weiterhin Lücken bestehen – etwa bei Ausbildung, Erfassung und Inventarisierung und Beweissicherung.
Sie hob zudem hervor, dass Vertreibung von Bevölkerung sowohl Monumente als auch lebendige Traditionen gefährdet. Zwangsmigration unterbricht Obhut und generationenübergreifende Weitergabe von Praktiken und macht Kulturerbe anfällig für Verlust oder Missbrauch. Neue Ansätze wie Diaspora-Verwahrung, digitale „Erste-Hilfe“-Maßnahmen und gemeinschaftsgetragene Projekte tragen dazu bei, kulturelle Kontinuität zu bewahren. Dokumentationsprotokolle sichern zudem die rechtlichen und historischen Ansprüche vertriebener Gemeinschaften. Um die Kluft zwischen Recht und Praxis zu schließen, so ihr Fazit, seien spezialisierte Einheiten, verpflichtende Schulungen und eine engere Zusammenarbeit von Kultur- und Rechtsbehörden erforderlich – damit Kulturerbe auch in Krisenzeiten geschützt bleibt.
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