Die Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojektes „Digitalisierung und Lernen“ zeigen, dass ArbeitnehmerInnen eine ambivalente Haltung zum digitalen Wandel haben. Dafür ist weniger das Alter, sondern die allgemeine Einstellung gegenüber der Digitalisierung verantwortlich. Durch strategische Planung, eine offene Fehlerkultur und gegenseitige Unterstützung der MitarbeiterInnen kann der digitale Wandel proaktiv gestaltet werden.
Wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Digitalisierung wahrnehmen und darauf reagieren, steht im Fokus eines qualitativen Forschungsprojektes der Donau-Universität Krems. Dafür wurden im Rahmen von Befragungen in zwei Betrieben des Industrie- und Gesundheitssektors die Erfahrungen, Erwartungen und Einstellungen von ArbeitnehmerInnen, Führungskräften und Personalverantwortlichen analysiert.
Digitalisierung löst ambivalente Haltung aus
Die Einstellungen der ArbeitnehmerInnen gegenüber dem digitalen Wandel können als ambivalent beschrieben werden. Die wenigsten der Befragten können sich festlegen, ob sie die Digitalisierung positiv oder negativ sehen. Beispielsweise können mehr Daten und ein erhöhtes Informationsangebot Entscheidungen unterstützen, aber auch erschweren, wenn es zunehmend schwieriger wird, die wichtigen Informationen herauszufiltern. Grundsätzlich wird der digitale Wandel als positiv angesehen, sofern er eine Arbeitserleichterung für die ArbeitnehmerInnen bringt. Unterschiede in den Wahrnehmungen der ArbeitnehmerInnen zeigen sich bei der Frage, inwieweit die Digitalisierung einen Stressfaktor darstellt. Stressauslöser bilden häufig eine Kombination an Faktoren wie erhöhte Arbeitsintensität, Zeitdruck, mangelnde Funktionalität der Technologie oder einen Verlust an Handlungskompetenz bei Systemausfällen.
Einstellung, nicht das Alter entscheidend
Für die Einen ist die Nutzung der digitalen Technologie zur Selbstverständlichkeit geworden, für die Anderen wirkt die zunehmende Digitalisierung bedrohlich und weckt Zweifel an der Fähigkeit mit dem digitalen Wandel Schritt halten zu können. Unterschiede im Umgang mit digitaler Technologie werden nicht generell dem Alter bzw. der Generation zugeschrieben, sondern sind eher auf allgemeine Einstellungen zur Digitalisierung zurückzuführen. Peer Learning – gegenseitige Unterstützung unter ArbeitskollegInnen – stellte sich als wichtige Strategie heraus, um die Herausforderungen im Zuge des digitalen Wandels zu bewältigen. Unterschiede in der digitalen Kompetenz der KollegInnen werden grundsätzlich nicht als störend wahrgenommen, sondern stärken gegenseitiges Lernen und Kollegialität.
Strategische Planung des digitalen Wandels
Organisationen sollten der strategischen Planung des digitalen Wandels mehr Beachtung schenken. Einerseits ist ein langfristig abgestimmter Ausbau der technischen und technologischen Infrastruktur wichtig. Andererseits sollte der digitale Wandel mit bedarfsgerechten Schulungs- und Fortbildungsprogrammen begleitet werden sowie der Bildungsbedarf der Belegschaft erhoben werden, um auch vermeintlich selbstverständlich erscheinende Kompetenzen zu erfassen.
Weitere Erfolgsfaktoren für eine gelungene digitale Transformation sind eine offene Kommunikation und eine zeitgerechte Information über Neuerungen sowie eine Miteinbeziehung der ArbeitnehmerInnen in die Gestaltung des digitalen Wandels. Besonders Produktionsbetriebe sollten angesichts fortschreitender digitaler Automatisation „Trial-and-Error“-Szenarien weiter etablieren und eine differenziertere Fehlerkultur zulassen. Dementsprechend erscheint ein unternehmensweiter umfassender Bewusstseinsbildungsprozess als geeignetes Mittel, um unter einer Belegschaft Ängste vor dem Neuen an der Digitalisierung abzubauen.
Wird Covid-19 eine neue Digitalisierungswelle auslösen?
Zurzeit läuft eine weitere Befragung in einem Gesundheitsbetrieb. Darin soll u. a. untersucht werden, welche Impulse an die Digitalisierung in Folge der pandemischen Situation im Frühjahr 2020 ausgelöst durch SARS-CoV-2 zu erwarten sind. Erste Ergebnisse verweisen auf eine kurzfristige, die Dauer des Lockdowns betreffende Veränderung der Arbeitsorganisation (Homeoffice) und den verstärkten Einsatz der digitalen Kommunikationstechnologie (Video-Konferenzen). Die kommenden Monate werden zeigen, ob COVID-19 größere Digitalisierungsschübe auslösen wird.
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