16.03.2017

Im Rahmen des Symposions Dürnstein, das von 9. bis 11. März 2017 im Stift Dürnstein stattfand, diskutierten internationale ReferentInnen mögliche Umgangsformen mit Gewalt in einer immer bedrohlicher wirkenden Welt. Prof. Gudrun Biffl, Leiterin des Departments für Migration und Globalisierung an der Donau-Universität Krems, sprach zum Thema Menschenhandel als einer neuen Form der Sklaverei.

Symposium Dürnstein1
©
www.uschioswald.at

Terroranschläge und zunehmende Gewaltbereitschaft, Klimawandel, Kriege und Fluchtbewegungen: Die Welt um uns herum wird als immer bedrohlicher wahrgenommen. Gleichzeitig nehmen Kontrolle und Überwachung zu. Vor diesem Hintergrund behandelte das mittlerweile 6. Symposion Dürnstein das Thema "Gesellschaft, Staat, Gewalt. Was uns zusammenhält". Zahlreiche ExpertInnen aus dem In- und Ausland beschäftigten sich von 9. bis 11. März 2017 mit der Frage, welche Faktoren Gewalt begünstigen und wie man ihr produktiv begegnen kann.

Das Symposion Dürnstein wird von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. in Kooperation mit der Donau-Universität Krems und der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems veranstaltet. Die niederösterreichische Landesrätin für Soziales, Bildung und Familie, Mag. Barbara Schwarz, betonte anlässlich der Eröffnung insbesondere auch die Interdisziplinarität der Vorträge und die Darlegung zahlreicher Blickpunkte, für die das Symposion seit Jahren von Vortragenden und BesucherInnen gleichermaßen geschätzt werde. Auch Mag. Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-Universität Krems, streicht hervor: "Das Symposion Dürnstein hat sich regional, aber auch darüber hinaus durch seinen Fokus auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen als wichtige Drehscheibe für den wechselseitigen Wissenstransfer von Wissenschaft und Gesellschaft positioniert."

Symposion_Duernstein5
©
www.uschioswald.at

Demütigung und Aggression
In seinem Eröffnungsvortrag beleuchtete Univ.-Prof. Joachim Bauer, Professor für Psychoneuroimmunologie an der Universitätsklinik Freiburg, vor zahlreichen Gästen die Wechselbeziehungen zwischen den Motivations-, Empathie- und Aggressions-Systemen im Gehirn. Bauer zufolge manifestiert sich körperlicher, aber auch psychischer Schmerz – beispielsweise durch Demütigung von Individuen und Gruppen – im Gehirn und kann in Folge zu aggressivem Verhalten führen. Demütigung, Ausschluss und Ungerechtigkeit sind daher auch aus dieser Forschungsrichtung als wesentliche Ursachen von Gewalt zu sehen; hingegen führt faire Behandlung, Akzeptanz und Anerkennung zu Wohlbefinden, wie sich in Experimenten zeigen ließ.

Über eine der extremsten Formen von Gewalt, den modernen Menschenhandel, referierte Univ.-Prof. Gudrun Biffl. "Wir beobachten heute eine neue Form der Sklaverei, die mit der Globalisierung, den zunehmend globalen Migrationsströmen, der globalen Kommunikation und der Verringerung der Transportkosten eng in Verbindung steht und dadurch zum Teil auch erst ermöglicht wird", betonte die Leiterin des Departments für Migration und Globalisierung an der Donau-Universität Krems. Dabei macht der Menschenhandel vor Europa keineswegs halt: In der EU wurden von 2010 bis 2012 mehr als 30 000 Opfer von Menschenhandel registriert, wobei rund 60 Prozent aus einem EU-Mitgliedsstaat stammen. Die fünf wichtigsten Herkunftsländer in der EU sind demnach Bulgarien, die Niederlande, Ungarn und Polen.

Populismus von Trump bis Chávez

In seiner Keynote-Speech am Samstag analysierte der an der Universität Princeton lehrende Politikwissenschafter Univ.-Prof. Jan-Werner Müller populistische Politik – von Donald Trump über Recep Tayyip Erdoğan und Viktor Orbán bis Hugo Chávez – und zeigte Gegenstrategien für PolitikerInnen und die Zivilgesellschaft auf. Als ein wichtiges Merkmal des Populismus strich er dessen ausschließlichen Wahrheitsanspruch hervor; Fakten, die nicht ins Bild passen, würden einfach negiert. Müller definierte Populismus als antipluralistisch, da es stets um den Ausschluss bestimmter Gruppen und Menschen gehe. Gleichzeitig warnte er davor, den Begriff des Populismus für jede Kritik anzuwenden: Eine kritische Stimme zu erheben, sei ein demokratisches Grundrecht.

In einem weiteren Panel wurde am Samstag auch die gesellschaftspolitische Situation in Israel und Palästina beleuchtet: Lea Landman, Vorsitzende des Beirats von "Women in International Security Israel", befasste sich mit der Rolle des Militärs in Israel vor dem Hintergrund sexueller Übergriffe auf Frauen; die Politikberaterin Jumana Jaouni sah ein Erstarken der Religion bei den PalästinenserInnen. Die Beziehungen der PalästinanserInnen untereinander seien konfliktgeladen und junge Menschen hätten wenig Perspektiven. Der Friedensprozess sei daher stark ins Hintertreffen geraten.

Den Abschluss des gut besuchten Symposions bildete eine Podiumsdiskussion zum Thema Kulturelle Gewalt im Anschluss an ein Impulsreferat der Publizistin Sibylle Hamann mit dem Titel "Gewalt im Namen der Ehre".

„Das Symposion soll zeigen, dass Gewalt nicht unvermeidlich, weil biologisch bedingt ist, sondern dass Gewalt immer soziale Ursachen hat.“

Ursula Baatz

Kuratorin

"Schlecht organisierte staatliche Verwaltung kann genauso Ursache von Gewalt sein wie ökonomische Ungleichheit. Jede Zerstörung von Integrität wird von Menschen als Gewalt erfahren, die sie zu Gegengewalt motiviert. Unter dem Vorzeichen von Globalisierung und Migration liegt daher in der Reduktion von kultureller und struktureller Gewalt ein wesentlicher Schlüssel zur Befriedung der Gesellschaft.", fasst Kuratorin Ursula Baatz zusammen.

Mehr zum Thema

Zum Anfang der Seite