27.04.2020

Die starke Einschränkung der sozialen Kontakte stellt die PatientInnen der Psychotherapie vor neuen Herausforderungen. Eine Studie der Donau-Universität Krems und des österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP) zeigt, dass TherapeutInnen bei 70 Prozent der PatientInnen negative Auswirkungen beobachten. Bestehende Symptome verschlimmern sich und bereits überwundene Traumata werden wieder aktiv.

Die Psychotherapie hat sich in Zeiten der COVID-19-Pandemie stark verändert. Dazu wurde eine Umfrage bei mehr als 1.500 PsychotherapeutInnen von Univ.-Prof. Dr. Thomas Probst vom Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit (Leitung: Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh) und des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie (ÖBVP) durchgeführt. Die Resultate wurden am 24. April bei einer Pressekonferenz präsentiert.

Im Zuge der Umfrage wurden die PsychotherapeutInnen auch dazu befragt, wie sie die Auswirkungen der staatlichen Maßnahmen auf ihre PatientInnen erleben. Die Ergebnisse (ausgewertet von Dr. Martin Kuska von der Donau-Universität Krems) zeigen, dass sich die Corona-Krise überwiegend negativ auf PatientInnen der Psychotherapie auswirken. 70 Prozent der TherapeutInnen berichteten über ausschließlich negative Auswirkungen. 16,3 Prozent gaben sowohl negative und positive Auswirkungen der Maßnahmen an. 5,3 Prozent der TherapeutInnen beobachteten nur positive Auswirkungen und 8,3 Prozent verzeichneten noch keine Auswirkungen auf ihre PatientInnen.

Top Themen: Angst und Isolation

Die Top-Themen der Auswirkungen der Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung von COVID-19 sind Angst, Einsamkeit oder Beengtheit durch die Familie. Jedoch zeigen sich auch viele über eine Wirtschaftskrise und begrenzte finanzielle Ressourcen besorgt. Weiters beobachteten die TherapeutInnen, dass sich die Symptomatik bei PatientInnen verschlimmert und überwundene Traumata wieder aktiv werden können.

Bedarf an Aufarbeitung steigt

„Die Maßnahmen der Regierung sind wichtig, um Leben zu retten. PatientInnen in Psychotherapie sind eine Gruppe, die darauf besonders sensitiv reagieren, aber Quarantäne und Isolation haben auf alle Menschen starke Auswirkungen. Wir wissen allerdings, dass wir psychische Probleme gut mit der Psychotherapie lösen können. Daher ist es wichtig, dass sich alle Betroffenen Hilfe suchen und die Möglichkeiten für eine Therapie geschaffen werden“, so der Experte für Psychotherapiewissenschaft Thomas Probst.

Die ÖBVP hat zu diesem Zweck Merkblätter mit Alltagstipps für Alleinstehende, Paare und Familien erstellt. PsychotherapeutInnen bekommen auf www.psychotherapie.at  ausführliche Informationen, wie sie jetzt sicher Therapie anbieten können.

Zur Studie

Alle PsychotherapeutInnen der österreichischen PsychotherapeutInnenliste mit beruflicher E-Mail-Adresse (ca. 6.000) wurden zur Teilnahme an einer Online-Umfrage vom 24. März bis 1. April 2020 eingeladen. 1.547 PsychotherapeutInnen nahmen teil. Sie waren im Mittel 51,67 Jahre alt, 75,7 Prozent waren weiblich. Auf die Frage der Auswirkungen der Maßnahmen der Regierung auf die PatientInnen, haben 1.347 PsychotherapeutInnen auswertbar (positiv vs. negative Auswirkungen) geantwortet. Die Studienautoren sind Univ.-Prof. Dr. Thomas Probst, Mag. Martin Kuska, PhD, Dr. Peter Stippl und Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh.

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