Es ist ihr sechster Auslandsaufenthalt im Dienst des österreichischen Bundesheers. Aktuell ist die Alumna Ingrid Cap in Laâyoune in der Westsahara in Marokko als Rechtsberaterin und Militärbeobachterin stationiert. Auf der zurückgelegten Strecke hat die sportliche Wienerin viele Hürden überwunden.

Von Ilse Königstetter

Sekretärin hätte sie ursprünglich werden sollen. Jedenfalls, wenn sie den väterlichen Vorstellungen gefolgt wäre. Nach seiner Auffassung konnten eben nicht alle studieren. Doch Ingrid Cap hatte andere Pläne. Noch während sie die Hauptschule in Wien besuchte, eröffnete ihr der Klassenvorstand die Möglichkeit, dem Volleyballverein Union Alt Brigittenau beizutreten und damit ganz neue, bislang unbekannte Perspektiven. „Durch den Kontakt mit meinen Mitspielerinnen, die alle ins Gymnasium gingen oder teilweise bereits studierten, fasste ich den Entschluss, einen neuen Bildungsweg einzuschlagen“, erinnert sich Ingrid Cap an ihre Ambitionen, dem eher bildungsfernen Elternhaus zu entwachsen. Zunächst absolvierte sie die Handelsschule der Wiener Kaufmannschaft, wechselte nach deren Abschluss in die Bundeshandelsakademie Hetzendorf und maturierte dort 1989. „Danach begann ich ein Sport- und Germanistikstudium mit dem Ziel, das Lehramt anzustreben“, berichtet sie über ihren weiteren Werdegang. Bis sie sich nach drei Semestern beim Volleyball eine schwere Verletzung zuzog und das Studium unterbrechen musste. „Da wollte ich dann nur noch weg“, sagt Ingrid Cap. Sie bewarb sich um eine Au-pair-Stelle in Paris und bekam sie auch, obwohl sie über keine speziellen Betreuungskompetenzen verfügte, wie Cap meint. Der Job war nicht gerade das reine Honiglecken. Zum einen musste sie sämtliche Anreise- und Vermittlungskosten selbst tragen und die Arbeitsbedingungen erwiesen sich als „die eines Dienstmädchens im 18. Jahrhundert“. „Aber ich habe dort gelernt, mich durchzubeißen, nicht gleich aufzugeben und meine Französischkenntnisse besserten sich zunehmend“, kann sie der Odyssee auch Positives abgewinnen. Das nützte ihr später eine ganze Menge.

Zurück in Wien realisierte Ingrid Cap, dass sie das Interesse an einer Lehrtätigkeit verloren hatte und begann ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Innsbruck. Die in Frankreich erworbenen Sprachkenntnisse verschafften ihr auch einen Platz im ERASMUS-Programm und damit ein Studium an der Universität Robert Schumann in Straßburg. „Nach diesem Jahr hätte ich mir einen Job im Diplomatischen Dienst oder in der EU gewünscht“, berichtet sie. Da sich dieser Wunsch nicht erfüllte, machte sie ihr Doktorat und zog den Anwaltsberuf in Betracht. Aber nach ihrer Promotion und dem Gerichtsjahr gelang es ihr nicht gleich, eine Stelle zu bekommen. „Mein vorgesetzter Richter am Landesgericht Wiener Neustadt, der selbst Milizoffizier war, empfahl mir, mich beim Bundesheer zu bewerben.“ Das tat sie dann auch. 2001 rückte Ingrid Cap in die Kaserne in Langenlebarn ein – als eine von drei Frauen unter 200 Männern. Zwar konnte sie aufgrund ihrer sportlichen Vorgeschichte bei den körperlichen Herausforderungen durchaus mithalten, wirklich erwünscht fühlte sie sich als Frau und erst recht als Akademikerin, die beim Heer Karriere machen wollte, nicht. „Es war schon sehr, sehr schwierig, sich hier in allen Bereichen zu beweisen“, beschreibt sie ihre Erfahrungen. Dennoch fanden sich immer wieder Offiziere, Unteroffiziere und Beamte, die sie unterstützten und so schlug Ingrid Cap die Milizlaufbahn ein.

Von Krems in den Kosovo

Neben ihrer Tätigkeit als Referatsleiterin und den freiwilligen Waffenübungen zur Erlangung des Dienstgrades Leutnant, begann Ingrid Cap 2003 an der Donau-Universität Krems Europarecht zu studieren. „Ich brauche immer wieder eine intellektuelle Herausforderung und der damals noch berufsbegleitende Lehrgang war für mich ideal“, erinnert sich die Wienerin gerne an diese Zeit. Nach dem Studienabschluss 2005 mit dem akademischen Grad LL.M. (Master of Laws) wechselte sie als Rechtsberaterin ins Militärkommando Burgenland. Danach folgten die ersten beiden Auslandseinsätze im Kosovo als LEGAD auf der Ebene Bataillon und danach in Bosnien-Herzegowina als Rechtsberaterin und Contracting Officer in einer multinationalen Logistikeinheit. Das abgeschlossene Europarechtstudium ermöglichte Ingrid Cap 2011 schließlich eine Position bei der Militärvertretung und Militärpolizei (NATO) in Brüssel. Ingrid Cap: „Diese Position gehört für mich zu den lehrreichsten und schönsten in meiner bisherigen Laufbahn.“ Nach ihrer Rückkehr nach Wien 2014 arbeitete sie zunächst bei der Militärstreife, ein Job, der sie mehr deprimierte als erfüllte. Zum geistigen Ausgleich begann die Wissensdurstige im Herbst 2014 mit dem Studium Internationale Beziehungen an der Donau-Universität Krems. Als dann im Mai 2015 unerwartet ein Platz im Militärhauptquartier in Bamako/Mali frei wurde, packte die Juristin erneut ihre Koffer. Dort übernahm sie die Abteilung für Strategic Advisory Planning mit der durchaus anspruchsvollen Aufgabe, Gesetze für die Militärgerichtsbarkeit für Zentralafrika auszuarbeiten, bzw. die vom zentralafrikanischen Militär ausgearbeiteten Vorschläge zu begutachten. Nach verschiedenen weiteren Auslandsaufenthalten erfolgte 2019 ihre Beförderung zum Oberst des Intendanzdienstes und im Dezember die Ernennung zum Hofrat. Ihren derzeitigen Posten als Militärbeobachterin in der Westsahara wird sie noch bis November 2021 bekleiden.

Lernen ist ihre Leidenschaft

Was nach ihrer Rückkehr aus Marokko ganz oben auf ihrer Agenda steht, ist der Abschluss ihres Studiums Internationale Beziehungen. „Bis 2023 muss ich damit fertig sein“, sagt Ingrid Cap. Die Masterthesis zum Thema: „Ist Mali ein gescheiterter Staat?“ hat sie ohnehin bereits nahezu fertig. Beruflich wünscht sie sich eine leitende Funktion im Bundesheer, aber auch eine neuerliche Verwendung in Brüssel oder ein Auslandseinsatz für die EU oder die NATO sind für sie denkbar. Aufgrund der zahlreichen Auslandsaufenthalte musste sie Einschränkungen im Privatleben in Kauf nehmen. „Aber das ist für mich in Ordnung, weil man reich an Erfahrungen wird und Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund kennenund verstehen lernt.“ Und Ingrid Cap ist nach wie vor bildungshungrig. Gerne will sie noch einmal studieren. „Etwas mit Finanzen oder Psychologie würde mich sehr reizen, denn dafür habe ich auch Talent“, freut sie sich auf die neuen Perspektiven. Darüber hinaus hat man da Kontakte mit anderen Studierenden und Gleichgesinnten aller Altersstufen und damit auch jede Menge intellektuelle Anregung.


INGRID CAPIngrid Cap

Dr. iur. Ingrid Cap studierte Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck und absolvierte ein ERASMUS-Studium in Europäischem und Internationalem Recht an der Robert Schumann Universität Straßburg. Danach arbeitete sie als Rechtsberaterin und Militärbeobachterin für das österreichische Bundesheer, Dienstgrad Oberst des Intendanzdienstes, derzeit aufgrund der Verwendung/Funktion als Militärbeobachter Major. Aktuell bekleidet sie den Dienstrang eines Obersts. Zwischen 2003 und 2005 absolvierte sie den Lehrgang für Europarecht an der Donau-Universität Krems mit Abschluss LL.M. Sie studiert Internationale Beziehungen an der Donau-Universität Krems.

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