Karriereziele werden kaum jemals linear erreicht. Die Akzeptanz von Umwegen und das Erkennen von Chancen zählen.

Ein Kommentar von Franz Josef Radermacher

 

Karriere ist für viele Menschen ein wichtiges Thema. Dabei gibt es zum Teil große Erwartungen und Ansprüche. Oft wird übersehen, dass eine herausragende Karriere nicht erzwungen werden kann. Wer besondere Positionen einnehmen will, muss wissen, dass es von diesen nur vergleichsweise wenige gibt und dass viele kluge Köpfe in der Lage und motiviert wären, die entsprechenden Stellen einzunehmen, wenn ihnen nur der Zugang ermöglicht würde. Die limitierende Größe ist also in der Regel nicht der Einsatzwille oder das Vermögen der Kandidaten, sondern es ist die Verfügbarkeit der entsprechenden Positionen. Hinzukommt, dass der Weg zu solchen Positionen sehr häufig über eine Vielzahl von Zwischenschritten verläuft. Nur wer diese Zwischenschritte erfolgreich meistert, kommt überhaupt für den jeweils nächsten Schritt in Frage. Das hat folgende Konsequenz. Wenn man Karriere machen will ist es wichtig, sich bietende Gelegenheiten zu erkennen und diese dann auch zu nutzen. Die Intelligenz-Eigenschaft, solche Situationen zu erkennen, heißt Serendipity. Hier gilt das Prinzip „Love is like a train to catch“. An vielen sind die Chancen schon vorbeigegangen, bevor sie sie überhaupt bemerkten.

Eine weitere inhaltliche Dimension ist die, dass man Karriereziele kaum jemals linear erreicht. Es ist wichtig, Umwege zu akzeptieren, um Ziele zu erreichen. Die Umwege erweisen sich im Nachhinein dann oft als der richtige Weg zum Ziel. Da man wichtige Zwischenschritte machen muss, wenn man Karriere machen will, sollte man auch interessante Chancen akzeptieren, wenn sie nicht genau auf der Linie liegen, die einem vorschwebt. Oft ergibt sich dann später eine Möglichkeit, die Richtung wieder zu verändern. Weiterbildung ist in diesem Kontext ein Element, sein Ziel zu erreichen, aber nur ein Element unter mehreren. Zugleich baut man häufig ein Netzwerk von international tätigen Personen auf, die ebenfalls als Bezug genutzt werden können. Bezüglich der inhaltlichen Seite der Weiterbildung ist es wichtig, nie zu vergessen, dass gute Gehirne nach einer guten Ausbildung in der Lage sind, sich selbstständig in viele Themen einzuarbeiten, also sich auch selber weiterzubilden.

Digitalisierung verändert heute sehr viel. Dies vor allem dadurch, dass sich Prozesse massiv beschleunigen. Darin liegen Chancen ebenso wie Risiken. Man hat Zugriff auf gigantische Informationsbestände. Man ist aber auch in Gefahr, in einem Information-Overload unterzugehen. Hier gilt es, das Richtige vom Falschen, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Daher ist Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung angesagt, am besten mit Partnern, denen man vertraut. Dabei gilt es zielgerichtet zu selektieren, denn wirkungslosen oder gar kontraproduktiven Aufwand kann man sich heute wirklich nicht erlauben.


Franz Josef Radermacher

Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher ist Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm, wo er als Professor für „Datenbanken und Künstliche Intelligenz“ tätig war. Radermacher ist Autor von über 300 wissenschaftlichen Arbeiten zu Angewandter Mathematik und Informatik, Operations Research, Systemtheorie, Ethik und Philosophie. Beim Alumni-Tag der Donau-Universität Krems hielt Radermacher die Keynote-Speech.

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