Im Rahmen eines Besuchs der Partner_innen des GIRT-Projektes aus Äthiopien und Mozambique (GIRT: “Strengthening Research and Educational Competences for Gender sensitive Urban (InfoRmal Settlement) Transformation”) an der Universität für Weiterbildung Krems ergab sich die Gelegenheit für einen anregenden Gedankenaustausch im Jiří Toman Zentrum (JTZ).
Forschungsrelevante Themen des JTZ, wie die Restitution von Kulturgut unter postkolonialen Aspekten unter Mitwirkung internationaler Akteure wie auch die Perzeption des kulturellen Erbes am Beispiel der Welterbekategorie „Kulturlandschaft“ wurden präsentiert und aus verschiedenen Perspektiven diskutiert.
Der „Obelisk von Aksum“ in Äthiopien wurde nach dem Sieg der italienischen Truppen im Abessinienkrieg auf Anordnung von Benito Mussolini nach Rom gebracht und dort 1937 aufgestellt. Obwohl bereits seit 1947 Restitutionsforderungen von Äthiopien gestellt wurden (denen auch regelmäßig Rückgabe-Versprechen von italienischer Seite folgten), kam der Rücktransport erst 2005 zustande, bis zur Aufstellung dauerte es noch drei weitere Jahre. Die Ruinen der ehemaligen Stadt Aksum wurden bereits 1980 in die Welterbeliste eingetragen.
Auch die unterschiedliche Interpretation von Welterbe-Kulturlandschaften und deren verschiedene Managementansätze konnten am Beispiel der Welterbestätte „Konso Cultural Landscape“ erörtert werden. Diese Kulturlandschaft wurde von Äthiopien für die UNESCO-Welterbeliste vorgeschlagen. Allerdings sprach sich ICOMOS (die das Welterbekomitee in Fragen des Weltkulturerbes berät) gegen eine Eintragung in die Liste aus. Das Welterbekomitee jedoch, hielt sich nicht an diese Empfehlung und setzte die Landschaft mit den charakteristischen Trockensteinmauern-Terrassen 2011 auf die Liste: Dieses Beispiel unterstreicht den politischen Charakter der Welterbeliste: Während ICOMOS bei der Prüfung der „Eintragungswürdigkeit“ ein westlich geprägtes Konzept für die Kulturlandschaft zur Anwendung brachte, dem eine Kulturlandschaft im afrikanischen Kontext nicht entsprechen konnte, setzte sich in diesem Fall das Welterbekomitee aus 21 Staaten über die ICOMOS-Empfehlung (eben nicht einzutragen) aus geo-politischen Überlegungen hinweg, um demonstrativ dem „Eurozentrismus“ der Welterbeliste zu begegnen. Das Komitees wurde wegen dieser Entscheidung für die „Politisierung“ der prestigeträchtigen Liste kritisiert.
Der inspirierende Austausch mit Lehrenden, Forschenden und Studierenden aus Äthiopien und Mozambique zeigte das enorme Potenzial der interkulturellen Zusammenarbeit im Bereich des kulturellen Erbes auf. Die Verfestigung dieser Bemühungen durch ein gemeinsames Forschungsprojekt wird von Seiten des JTZ verfolgt.
Peter Strasser
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