20.05.2025

Gemeinderats- und Landtagswahl Wien

Im Vorfeld der Gemeinderats- und Landtagswahl in Wien 2025 wird die ORF-Wahlbefragung (FORESIGHT/ISA) durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgt durch Jaksch & Partner (Linz) und kombiniert telefonische (CATI) sowie Online-Interviews (CAWI). Der Befragungszeitraum erstreckt sich vom 21. bis 26. April 2025. Die Grundgesamtheit umfasst wahlberechtigte Personen in Wien und insgesamt werden 2.494 Interviews realisiert (davon 2.033 deklarierte Wähler_innen). Die Ergebnisse werden soziodemografisch (u. a. nach Geschlecht, Alter, Bildung, Wohnregion) sowie nach Wahlverhalten bei der Nationalratswahl 2024 gewichtet. Im Folgenden werden die Ergebnisse vorgestellt.

Bilanz: Wien bleibt mehrheitlich lebenswert

Die Mehrheit der Befragten hält an einer positiven Bewertung Wiens als Wohnort fest. 57 Prozent bezeichnen Wien als eine „sehr lebenswerte Stadt“. Gleichzeitig meinen 37 Prozent, dass die Lebensqualität in der Stadt abgenommen habe (siehe Abbildung XX). Im Vergleich zur Wahl 2020 zeigt sich jedoch ein Rückgang der allgemeinen Zufriedenheit. Damals – trotz der COVID-19-Krise – äußerten sich noch rund drei Viertel der Wiener_innen sehr zufrieden mit ihrer Lebenssituation. Der aktuelle Wert stellt im Langzeitvergleich seit 2010 den niedrigsten dar.

Abbildung: Bewertung Lebensqualität in Wien im Vergleich (alle Befragten in %)

Wien Wahlen - Bewertung der Lebensqualtiät

Die Regierungsarbeit der rot-pinken Koalition aus SPÖ und NEOS wird von den Wähler_innen gespalten beurteilt. 51 Prozent zeigen sich insgesamt zufrieden (davon 10 Prozent sehr zufrieden), 44 Prozent hingegen unzufrieden (20 Prozent davon sehr unzufrieden). Im Vergleich mit anderen Regierungsbewertungen – etwa der SPÖ-Alleinregierung im Burgenland oder der ÖVP-GRÜNEN-Bundesregierung – liegt die Wiener Stadtregierung im Mittelfeld. Ihre Bilanz wird besser bewertet als jene der Regierung im Bund, aber schlechter als jene der Regierung im Burgenland.

Themenlage im Wahlkampf: Migration, Teuerung, Bildung

Die ORF-Wahlbefragung bittet die Befragten in einer offenen Frage jene Themen zu nennen, über die sie im Wahlkampf am häufigsten diskutiert haben. Die befragten Wiener_innen nennen spontan Asyl und Zuwanderung (45 Prozent) als das im Wahlkampf am häufigsten diskutierte Thema. Damit dominiert dieses Thema deutlich vor Teuerung/Inflation (33 Prozent) und Bildung (23 Prozent). Überraschend niedrig fällt der Anteil für Umwelt- und Klimaschutz mit lediglich 15 Prozent aus – ein deutlicher Hinweis darauf, dass dieses Thema derzeit hinter als akut wahrgenommenen Problemlagen zurücksteht.

Wahlentscheidung: Inhalte wichtiger als Personen

Die Analyse der Wahlmotive zeigt deutlich, dass Sachthemen das Entscheidungskalkül der Wähler_innen dominieren. Für 72 Prozent der GRÜNEN- und 66 Prozent der FPÖ-Wähler_innen ist der inhaltliche Kurs der Partei ausschlaggebend. Auffällig ist, dass FPÖ-Wähler_innen auch stark von dem Wunsch geleitet sind, ein Signal an die Bundespolitik zu senden (59 Prozent). Allerdings: 30 Prozent der SPÖ-Wählerschaft geben an, dass der amtierende Bürgermeister Michael Ludwig ein sehr wichtiger Grund für ihre Wahlentscheidung gewesen sei – ein Wert, den kein anderer Spitzenkandidat erreicht. Bei der FPÖ ist Dominik Nepp für 21 Prozent ein ausschlaggebendes Wahlmotiv, während bei ÖVP, GRÜNEN und NEOS die jeweiligen Spitzenkandidat_innen deutlich weniger Einfluss ausüben.

Koalitionspräferenzen: SPÖ und NEOS hoch im Kurs

Eine deutliche Mehrheit der Befragten wünscht sich auch künftig eine Regierungsbeteiligung der SPÖ (73 Prozent). Die NEOS liegen mit 42 Prozent auf Platz zwei der Koalitionspräferenzen.

Abbildung: Gewünschte Parteien in Stadtregierung (alle Wähler_innen in %)

Wien Wahlen - Gewünschte Parteien

Innerhalb der SPÖ-Wählerschaft ist der Wunsch nach einer Fortsetzung der Koalition mit den NEOS besonders ausgeprägt (55 Prozent), gefolgt von GRÜNEN (39 Prozent) und deutlich abgeschlagen der ÖVP (20 Prozent). Auch bei den NEOS-Wähler_innen steht die SPÖ mit 69 Prozent unangefochten an der Spitze, gefolgt von den GRÜNEN (21 Prozent) und der ÖVP (18 Prozent).

Wahlverhalten bei der Wien-Wahl

Männer und Frauen weisen insgesamt ein ähnliches Wahlverhalten auf, allerdings geben Frauen öfters den GRÜNEN ihre Stimme. Die Unterschiede hinsichtlich des Alters sind besonders bei der ÖVP hoch: Hätten nur Menschen im Alter von 60 Jahren und älter gewählt, so wäre die ÖVP auf 16 Prozent der Stimmen gekommen. Der Unterschied im Wahlverhalten nach formaler (!) Bildung ist hoch. Menschen ohne Matura wählen verstärkt die FPÖ. Die FPÖ hätte 29 Prozent der Stimmen erhalten, hätten nur Menschen ohne Matura gewählt. Menschen mit Matura oder einem formal höheren Bildungsabschluss wählen vor allem die GRÜNEN (21 Prozent in dieser Gruppe) oder die NEOS (13 Prozent). Keine Unterschiede hinsichtlich der formalen Bildung gibt es in der Wählerschaft von SPÖ und ÖVP. Die SPÖ ist vergleichsweise stark bei Menschen mit Migrationshintergrund, die FPÖ bei Menschen ohne Migrationshintergrund.

Die SPÖ schneidet erwartungsgemäß besonders stark in der Gruppe jener ab, die mit der Lebenssituation in Wien zufrieden sind. Rund die Hälfte aus dieser Gruppe haben SPÖ gewählt. Hingegen haben rund die Hälfte jener, die mit der Lebenssituation in Wien unzufrieden sind, die FPÖ gewählt. Damit ist es der FPÖ wie etwa auch bei der vergangenen Nationalratswahl gelungen, die Unzufriedenen zu überzeugen. FPÖ-Wähler_innen sind besonders oft verärgert darüber, wie die Politik den Finanzhaushalt oder das Zusammenleben in Wien angeht. 


Wahlbefragung - Wien 2025

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