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In den vergangenen Jahren hat die Debatte über mögliche Maßnahmen der Europäischen Union (EU) zur Bekämpfung von Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien in ihren Mitgliedsstaaten, der zunehmenden Tendenz zum democratic backsliding, stetig an Intensität zugenommen. Insbesondere die anhaltenden und zunehmenden Verletzungen rechtsstaatliche Prinzipien in Polen und Ungarn haben diese Diskussion verstärkt. Dies führt einerseits dazu, dass die bestehende Sanktionsmöglichkeiten der EU, wie sie in den Verträgen vorgesehen sind, im akademischen und medialen Diskurs kritisch hinterfragt werden und andererseits dazu, dass auch die EU versucht, die Effektivität ihrer Maßnahmen weiterzuentwickeln.
Die Demokratie ist in Gefahr. Betrachtet man die Entwicklung der Demokratie in Europa, drängt sich dieser Schluss geradezu auf (siehe etwa für das Beispiel Österreichs Zandonella 2022). Aber ist sie das wirklich? Oder erleben wir aktuell „nur“ eine Transformation, eine notwendige Weiterentwicklung, unserer demokratischen Systeme? Diese Frage möchte ich in diesem Beitrag beantworten. Mein Ziel ist es, ein wenig Distanz zu lähmenden Schreckensszenarien herzustellen, den Blick zu klären – und Hoffnung zu erzeugen. Nicht naiv und mit rosa Brille, sondern lösungsfokussiert und vorwärtsgewandt. Gerade weil die Demokratie ein hohes Gut ist.
Europa ist seit Februar 2022 von einer grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse gekennzeichnet. Mit der russischen Invasion der Ukraine war besonders die EU gefordert, ihre Politik gegenüber den Ländern der östlichen Partnerschaft zu überdenken. Die Herausforderung der EU bestand darin, die Ukraine gegenüber Russland zu unterstützen und den Ländern, die Interesse an einer EU-Mitgliedschaft hatten, stärker an die EU zu binden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden der Ukraine, Moldau und Georgien eine EU-Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt. Ukraine und Moldau erhielten im Juni 2022 und Georgien im Dezember 2023 den EU-Kandidatenstatus.
Im Jahr Wunderjahr (Annus Mirabilis) 1989 kulminierte die sogenannte Dritte Welle der Demokratisierung (Huntington 1991) mit dem Zusammenbruch der staatssozialistischen Systeme in Ost- und Mitteleuropa. Die Zeit unmittelbar nach dieser epochalen Wende war durch großen Optimismus geprägt. Die Teilung Europas schien endgültig überwunden zu sein und es herrschte die Vorstellung, dass sich Demokratie und freie Marktwirtschaft in ganz Europa unwiderruflich durchgesetzt hätten und man in eine gemeinsame friedliche Zukunft in einem vereinigten, demokratischen und prosperierenden Europa blicke. Diese Erwartung spiegelt sehr deutlich die 1990 von der OSZE verabschiedete Charta von Paris (1990) wider, die ein „Neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit in Europa“ proklamierte. Francis Fukuyama (1993) brachte dieses Gefühl in seinem Buch „Das Ende der Geschichte“ auf den Punkt.
Demokratie lebt in jeder Hinsicht von der Vielfalt: Je mehr Menschen sich politisch beteiligen, desto eher finden sie eine Chance, sich und ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Der demokratische Prozess ist somit immer auch ein kommunikativer Prozess: Nicht nur die vielfältigen Positionen werden miteinander verhandelt; ebenso berichten Journalist:innen und andere Medienvertreter:innen über die Akteur:innen, Inhalte und Ergebnisse dieser Verhandlungen. So werden noch mehr Menschen in die öffentliche Diskussion mit einbezogen und in die Lage versetzt, kritisch-konstruktiv Stellung zu beziehen. Pluralität und Demokratie gehören zusammen, auch in der Medienberichterstattung. Dieser Zusammenhang ist dann funktional, je vielfältiger das Medienangebot ist: etwa in den gewählten Darstellungsformen, den Themen, über die berichtet wird oder die verschiedenen Akteuer:innen, die dabei zu Wort kommen.
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