13.06.2023

Das Forschungsprojekt „Niederösterreichische Literaturpreisträger_innen vor/nach 1945. Kontinuitäten nationalsozialistischer Kulturpolitik in NÖ“ geht erstmals der Frage nach, ob und wie sich literarische und literaturpolitische Tendenzen und Akteur_innennetzwerke nach 1945 erhielten beziehungsweise reformierten. Die Forschenden des an der Universität für Weiterbildung Krems angesiedelten Archivs der Zeitgenossen wollen damit eine kritische Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe Niederösterreichs anregen und eine Neubewertung und Rekontextualisierung der Autor_innen auch im öffentlichen Diskurs erwirken.

Das Projekt setzt sich zum Ziel, erstmals die Kontinuitäten nationalsozialistischer Literaturpolitik in Niederösterreich nach 1945 anhand eines klar definierten Beispielkorpus – den 1960 gegründeten niederösterreichischen Landeskulturpreisen im Bereich Literatur – zu untersuchen. Im Fokus stehen jene Ausgezeichneten der Jahre 1960–1971, die bereits zwischen 1938–1945 literarisch tätig waren, wie etwa Maria Grengg, Rudolf Henz, Imma Bodmershof und Josef Weber. Hinzu kommen wichtige Akteur_innen im literarischen Feld der Nachkriegszeit wie Hans Lampalzer (ARGE Schrifttum) und Richard Szerelmes (Bundesstaatlicher Volksbildungsreferent für Niederösterreich). Anhand dieses Korpus soll die Frage untersucht werden, inwiefern und wie sich literarische und literaturpolitische Tendenzen und Akteur_innennetzwerke nach 1945 erhielten bzw. reformierten. Das Projekt versteht sich als Grundlagenarbeit im Bereich der Literatur- und Landesgeschichte sowie als Ausgangspunkt für weiterführende literaturwissenschaftliche bzw. kulturhistorische Forschung. 

Regionale Stakeholder_innen der Kulturpolitik

Die literarischen bzw. literatur- und kulturpolitischen Tätigkeiten der ausgewählten Autor_innen sollen für die Jahre 1938–45 vollständig bio-bibliographisch aufgearbeitet werden, ebenso wie wichtige literarische Institutionen, Strukturen und Akteure in „Niederdonau“. Die niederösterreichische Literaturförderpolitik nach 1945 sowie die Identifikation wichtiger Gruppen, Förderinstrumente und Einzelakteur_innen der 1950er und 1960er Jahre (insbesondere die ARGE Schrifttum am NÖ Heimat- und Bildungswerk; Gründung der Kulturpreise und Preisvergabe bzw. Jurybesetzung) sind weitere wichtige Untersuchungsgegenstände des Projekts.

Erschließung neuer Quellen

Methodisch fußt das Projekt auf Archivrecherchen und der Sichtung und Erschließung bislang nicht verfügbarer beziehungsweise kaum konsultierter Archivquellen (Berlin Document Center: Personenakten der Reichsschrifttumskammer bzw. NSDAP; Österreichisches Staatsarchiv: Akten der Bundesstaatlichen Volksbildungsreferenten für Niederösterreich; Niederösterreichisches Landesarchiv: Akten des Landesamts zu den Landeskulturpreisen). Auch literarische Nachlass- beziehungsweise Korrespondenzbestände in österreichischen (Literatur-)Archiven sowie ANNO, das historische Zeitungs- und Zeitschriftenportal der Österreichischen Nationalbibliothek, werden als wichtige Quellen herangezogen.

Weiterführende Beschäftigung anstoßen

Ziel ist eine Publikation, deren Kern sich aus den ausführlich kommentierten, bio-bibliographischen Dossiers zu den Autor_innen zusammensetzt, gerahmt von mehreren literatur- bzw. kulturgeschichtlichen Kurztexten zur literarischen Förderpolitik in Niederösterreich sowie zentralen literarischen Gruppen und Institutionen vor sowie nach 1945. Die Publikation soll niederösterreichischen Bildungsinstitutionen zur Verfügung gestellt werden, um eine kritische Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe Niederösterreichs anzuregen und eine weiterführende Beschäftigung mit einzelnen Autorinnen und Autoren einzuleiten und deren Neubewertung und Rekontextualisierung auch im öffentlichen Diskurs zu erwirken. Die Forschungsergebnisse und -erkenntnisse bezüglich Leben und Werk der Kulturpreisträger_innen sollen auch durch Ergänzung der bio-bibliographischen Einträge in Online-Lexika wie Wikipedia, Wien Geschichte Wiki niederschwellig öffentlich zugänglich gemacht werden.

 

Forschungsprojekt „Niederösterreichische Literaturpreisträger_innen vor/nach 1945. Kontinuitäten nationalsozialistischer Kulturpolitik in NÖ“

Projektzeitraum:       01.06.2023–31.07.2025
Fördergeber:           Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich m.b.H.
Förderprogramm:    100 Jahre Niederösterreich

Projektleitung:         Dr. Helmut Neundlinger
beteiligte Forschende: Hanna Prandstätter, MA BA und Fermin Suter, MA

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