22.05.2018

Die Herausforderungen für Europa angesichts einer stagnierenden demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung standen im Zentrum des 8. Globalisierungsforums der Donau-Universität Krems in Kooperation mit dem Haus der EU in Wien. Um dringend benötigte Fachkräfte nach Europa und konkret nach Österreich zu holen, braucht es attraktive rechtliche, politische und soziale Rahmenbedingungen. Damit setzte die Veranstaltung einen neuen Fokus in der Migrationsdebatte, abseits der so genannten Flüchtlingskrise.

Jörg Wojahn, Hausherr und Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, verwies schon in seiner Begrüßung auf die Notwendigkeit, über Migration abseits der negativen Konnotation im Zuge der Fluchtbewegungen von 2015 zu denken und reden.

Akademikerinnen und Akademiker seien zwar vier Mal so mobil wie der Rest der Bevölkerung, führte Mathias Czaika, neuer Leiter des Departments für Migration und Globalisierung aus. Doch „Humankapital sei ein scheues Reh“, warnte er: Hochqualifizierte Zuwanderung setzt ein attraktives soziales und ökonomisches Klima und langfristige Aufenthaltsperspektiven voraus. Gleichzeitig beleben hochqualifizierte ausländische Fachkräfte die Innovationsdynamik und dadurch die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich. Eine kürzlich von Czaika durchgeführte Studie zeigt, dass Migrationspolitik sich viel stärker auf die Qualifikationen der zuwandernden Bevölkerung auswirkt, als auf die absolute Anzahl jener, die ins Land kommen. Um die besten Köpfe anzulocken, empfiehlt Czaika die Vereinfachung bürokratischer Abläufe, die Anerkennung von Abschlüssen und eine aktive Werbepolitik.

Mit diesem Phänomen befasst sich der neue Sammelband „High Skilled Migration – Drivers and Policies“, den Mathias Czaika bei dieser Gelegenheit vorstellte.

Für die OECD erwartet Lucie Cerna, Co-Autorin dieses Bandes, vor allem einen Mangel in den Bereichen IKT, Technik und Gesundheitswesen. So braucht es zum Beispiel eine Million Beschäftigte im Gesundheitswesen bis 2020 in der EU. Jedoch sei es schwierig, diesen Mangel zu definieren und zu schätzen, was wiederum zu häufigen Debatten zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bis hin zu politischen Spannungen führen könne.

Europa läuft Gefahr, ins Hintertreffen zu gelangen
Europa sei in Gefahr, an Bedeutung zu verlieren, warnte Othmar Karas, Mitglied des Europäischen Parlaments und Ehrenprofessor der Donau-Universität Krems. Nicht nur die demographische Entwicklung, auch die wirtschaftliche Entwicklung deute in diese Richtung, so Karas. Die Binnenmigration im EU Raum ist mit 4 Prozent weitaus geringer als angenommen, dafür aber sehr wohl geprägt von einem hohen Anteil an hoch und mittel qualifizierten Arbeitskräften.

Wenn man sich aber an Ländern wie Kanada orientieren wolle, das Fachkräfte mit offenen Armen aufnehme, müsste man die bestehenden Instrumente wie etwa die Blue Card grundlegend überarbeiten.

Braucht es doch eine Willkommenskultur?
Wie wichtig eine Kultur der Offenheit und Willkommens ist, erhob Isabella Skrivanek vom Department für Migration und Globalisierung in einer regionalen Untersuchung in Oberösterreich. Demnach brauchen Neuzuwandernde vor allem Information – online, schriftlich, Willkommensmappe, englischsprachig –, konkrete Ansprechpersonen und Offenheit. Um ein solches Klima zu erzeugen, braucht es eine Verbindung der Politikbereiche Migration und Integration. Auch Martin Gleitsmann, Leiter Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit an der Wirtschaftskammer, stieß in dasselbe Horn und fordert angesichts des steigenden Fachkräftemangels eine Gesamtstrategie für qualifizierte Zuwanderung.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde einhellig davor gewarnt, Migration zu problematisieren, weil damit Chancen für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung vergeben würden, gerade auch angesichts neuer Herausforderungen wie der Digitalisierung und den rasanten strukturellen Veränderungen unserer Arbeitswelt.

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