21.10.2021

In seiner Antrittsvorlesung am 19. Oktober 2021 gab Hubert Brückl Einblicke in sein Forschungsgebiet unter dem Titel „Von der Vermessung der Welt zu Sensordaten-basierten Vorhersagen“. Mit 1. Mai 2019 wurde er als Universitätsprofessor nach § 98 UG 2002 an die Universität für Weiterbildung Krems berufen, wo er Leiter des Departments für Integrierte Sensorsysteme, angesiedelt an der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur, wurde.

Mit dem Department für Integrierte Sensorsysteme, welches von Univ.-Prof. Dr. Hubert Brückl geleitet wird und in Wiener Neustadt angesiedelt ist, erweiterte die Universität für Weiterbildung Krems sowohl fachlich wie auch geografisch ihren Aktionsradius, führte Rektor Mag. Friedrich Faulhammer, in seiner Begrüßung zur Antrittsvorlesung aus.

Neue Erkenntnisse durch Sensordaten und Modelle

Seine Übersicht über die Entwicklung der Sensortechnologie startete Brückl mit der ersten Weltkarte mit Isothermen, das sind Linien gleicher Temperatur. Die Karte wurde 1823 angefertigt nach Messdaten von Alexander von Humboldt, der ausgerüstet mit tragbaren Sensoren, einer Bussole, bestehend aus Kompass und einem Peilinstrument, Landvermessungen unter anderem in Ecuador unter Zuhilfenahme trigonometrischer Berechnungen im sphärischen Raum, entwickelt von Carl Friedrich Gauß, durchführte. An diesem historischen Beispiel stellte Brückl die Verbindung von Sensordaten mit Mathematik dar, heute kommt in der Regel komplexere Modellierung zum Einsatz.

Mehr als Status quo: Vorhersagen in die Zukunft

Auch im zweiten Beispiel wird die Welt beobachtet, allerdings nicht statisch, sondern im Jahresverlauf, um Veränderungen nachzuzeichnen, konkret jene der CO2-Verbreitung. Dabei ging Brückl auf die CO2-Messung in der Atmosphäre ein. Kohlendioxid spielt bekanntlich beim Treibhauseffekt eine entscheidende Rolle, weil es die von der Erde reflektierte Sonnenstrahlung wieder zurück auf den Planeten lenkt und so zur Erderwärmung beiträgt. Bei der Messung werden Daten des Satelliten „Orbiting Carbon Observatory-2“ mit Daten von mehr als 20 Bodenstationen und jenen, die in Flugzeugen gewonnen werden, fusioniert. Dieses Beispiel illustriert, wie das Zusammenführen von Sensordaten bei der Sensorfusion gemeinsam mit der Modellierung auch Vorhersagen für die Zukunft ermöglicht.

Einsatz in der Robotik

Sensordaten finden auch in der Robotik Anwendung. Die MIT-Ausgründung Boston Dynamics ist der größeren Öffentlichkeit wohl durch ihren gelben, vierbeinigen autonomen Roboter Spot bekannt, dem ersten kommerziellen Modell seiner Art. Damit sich Roboter autonom bewegen können, werden in diesem Fall die Daten von fünf Kameras ausgewertet, wodurch eine exakte Erfassung der Umgebung erreicht wird. Die Daten dieses kognitiven Sensorsystems werden lokal und schnell mit künstlicher Intelligenz aufbereitet, wodurch das System autonom wird. Durch eine hochauflösende Echtzeit-Lagebestimmung im Raum können Roboter bereits komplexe Bewegungsabläufe durchführen, wie eine Videoeinspielung zweier tanzender zweibeiniger Roboter zeigte.

Das Thema Bewegung beschäftigt auch die Menschen, Sensoren erfassen im Fitnessbereich Tritt- und Herzfrequenz sowie Blutdruck. Weitere Vitalwerte werden bald über den Schweiß erfasst, darunter Glucose und Laktat.

Miniaturisierung, Robotik und KI

Das Thema Miniaturisierung spielt in der Sensorentwicklung eine zentrale Rolle, wie Brückl am Beispiel des LIDAR (Light Imaging, Detection and Ranging), einem Sensor zur optischen Abstandsmessung, verdeutlichte. Solche schuhkartongroßen Sensoren lenken Laserstrahlen mit einem mechanischen Spiegel um und lassen sich mittlerweile in einem Computerchip integrieren.

Anhand eines Projekts des Departments für Integrierte Sensorsysteme gab Brückl Einblick in die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Sensorsystemen: Eine mit Daten trainierte KI kann mit Ultraschallmessungen den Ausfall von Kugellagern innerhalb eines Monats mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Der Clou: Um die KI zu trainieren, werden neben Messdaten von physisch defekten Kugellagern auch durch Simulationen gewonnene Daten verwendet, welche leichter zugänglich sind.

Ausblick

Die Entwicklung des vergangenen Jahrzehnts, angefangen bei der Digitalisierung mit dem Internet der Dinge (IoT), führt über die KI und Deep Learning bis hin zu Cognification, wo menschliche Fähigkeiten nachgebildet werden, etwa bei selbstfahrenden Fahrzeugen oder Robotern. Forschungsthemen der Zukunft sind neben technischen Optimierungen bei Empfindlichkeit, Miniaturisierung und Energieeffizienz, die intelligente Datenverarbeitung mit KI und maschinellem Lernen und sogenanntes Edge Computing, bei dem die Datenverarbeitung direkt im Gerät passieren, was die Geschwindigkeit erhöht und die Kosten senkt. Die Lösungen für die großen Herausforderungen sieht Brückl im Zusammenspiel von Technologie und Gesellschaft.

Über die Person

Hubert Brückl studierte Physik und erhielt 1992 seinen Doktortitel von der Universität Regensburg. Nach zwei Jahren als Postdoctoral Researcher an der Technischen Universität Darmstadt wechselte Brückl als Gruppenleiter an das Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) nach Dresden. 1998 nahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Dünne Schichten und Nanostrukturen an der Universität Bielefeld an und habilitierte sich dort. Nach einem Forschungsaufenthalt bei Siemens leitete Brückl zwischen 2005 und 2012 das Geschäftsfeld Nano Systems des AIT Austrian Institute of Technology in Wien. Das Department für Integrierte Sensorsysteme, das 2012 an der Universität für Weiterbildung Krems eingerichtet wurde, leitet Brückl seit 2016.

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