12.03.2021

Bestattung
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Thunau, Untere Holzwiese. Ansicht einer Steinabdeckung, darunter die Bestattung eines Erschlagenen, nördlich der Apsisschulter der Kirche (Foto: IUHA, Univ. Wien)

In: Slovenská Archeológia 68 (2020) 353−378

Am Schanzberg von Thunau, auf dem im Frühmittelalter ein Herrschaftszentrum bestand, wurden auf dem Plateau der “Unteren Holzwiese” eine Steinkirche und einige Bestattungen ergraben. Ihre systematische Beurteilung und die C14-Daten der Kirche sowie einiger der Bestattungen erlauben nun – einige Jahrzehnte nach ihrer Aufdeckung – eine Datierung sowie Interpretation. Die Kirche wurde frühestens im 10. Jh. und spätestens vor dem letzten Drittel des 13. Jhs. erbaut und war zwischen dem späten 13. und dem späten 14. Jh. bereits ruinös. Letzteres würde gut mit dem Niedergang der Burg Thunau zusammenpassen.

Fünf Kinder (Föten bis Kleinkinder) und ein Erwachsender wurden in und um die Kirche herum im Hoch- sowie Spätmittelalter bestattet. Ein Fötus wurde etwa auf der bereits abgebrochenen Apsismauer und eine Neugeborener in der Apsis niedergelegt.

Die Bestattungen und die Kirche werden archäologisch und historisch kontextualisiert sowie das Thema von Kinderbestattungen nahe bei bzw. in Kirchen besprochen. Unter Einbezug von Theorien zum sozialen Raum wird die spezielle Position der Kirche von Thunau in der lokalen Landschaft offenbar sowie auch ihre sekundäre Funktion in Bezug auf spätere Bestattungen. Da es hier keinen regulären Friedhof gab, ist offensichtlich, dass den hier Bestatteten ein reguläres christliches Begräbnis verweigert wurde. Um ihre problematische Post-mortem-Identität positiv zu beeinflussen wurden sie nahe dieser abgelegenen Kirche, die kein Bestattungsrecht hatte, begraben. Dies weist gemeinsam mit dem fast durchwegs sehr jungen Alter der Bestatteten darauf hin, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ungetauft Verstorbene handelt. Zu dieser Interpretation führte auch das Miteinbeziehen schriftlicher Quellen über Taufritus und Jenseitstopographie. Weiters wurde ein anderer “problematischer Toter”, eine erschlagener Mann, hier im Hochmittelalter niedergelegt und mit speziellen Bestattungsriten gebannt (siehe Abb.).

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