Ende Jänner 2025 hatten drei Teammitglieder von SPUR die Gelegenheit, das inklusive Wohnprojekt Agape.Home in Bad Heilbrunn, Bayern zu besuchen. Die Lernreise diente dazu, Rahmenbedingungen für das Wohnen zu erforschen, die sich positiv auf das psychische Befinden auswirken.
Dem Kurzbesuch war eine intensive Recherche nach Orten und Projekten für inklusives, gemeinschaftliches Wohnen vorangegangen. Anhand einer Kriterienliste, welche die Bereiche informelle und professionelle Unterstützung, Berücksichtigung von Bedürfnissen und Bedarfslagen, Gemeinschaftsverständnis, Fähigkeitsorientierung, Kommunikation sowie Selbstbestimmung und Partizipation umfasst, hatten wir zehn Wohnprojekte in ganz Europa ausfindig gemacht und kontaktiert.
Auf das Wohnprojekt Agape.Home in Bad Heilbrunn waren wir durch WOHN:SINN, Bündnis für inklusives Wohnen e.V. aufmerksam geworden. In Bad Heilbrunn galt unser besonderes Interesse der Organisation des Wohnprojekts, der Aufteilung von Aufgaben und Aktivitäten im Wohnprojekt, der (gemeinsamen) Nutzung von Räumen und der Sicherstellung von Privatsphäre sowie der Durchführung von Aktivitäten in der Wohnumgebung (Nachbarschaft, Gemeinde, Region). Mithilfe von Fokusgruppengesprächen und teilnehmender Beobachtung wollten wir herausfinden, welche unterschiedlichen Muster sozialer Inklusion im Wohnprojekt Agape.Home vorkommen.
Michaela Moser von der Fachhochschule St. Pölten, Elisabeth Huber von der Universität für Weiterbildung Krems und Henriette Gschwendtner als Erfahrungsexpertin machten sich im Jänner 2025 auf den Weg, um Bewohner:innen, Vereinsmitglieder und Nutzer:innen der Angebote von Agape.Home persönlich zu treffen. Dank der umsichtigen Vorbereitung der Vereinsgründer:innen, dem großzügigen Vertrauen und der Offenheit führten die Begegnungen zu vielstimmigen und reichhaltigen Einblicken in die Entstehungsgeschichte, den Alltag und die Visionen von Agape.Home.
Das inklusive Wohnprojekt kann als Bottom-Up Projekt bezeichnet werden, das sich hauptsächlich durch das Engagement Beiträge der Vereinsmitglieder und Spenden finanziert. Im Mittelpunkt steht ein geräumiges Einfamilienhaus in Bad Heilbrunn, in dem erschwingliche Wohneinheiten an Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen vermietet werden. So waren und sind Studierende, Menschen mit psychischen Krankheitserfahrungen, Familien oder generell gemeinschaftsorientierte Menschen dauerhaft oder für eine gewisse Zeit Teil des Wohnprojekts geworden. Darüber hinaus bieten der Verein und das Haus Möglichkeiten für Treffen, Austausch und gemeinsame Aktivitäten.
Die besondere Atmosphäre bei Agape.Home ergibt sich aus dem Zusammenspiel von christlicher Grundhaltung und sozialarbeiterischen Konzepten: Toleranz, Nächstenliebe, Genügsamkeit und Spiritualität prägen merklich das Miteinander im Haus. Der sozialarbeiterische Hintergrund einiger Gründungs- und Vereinsmitglieder wird in der Bereitstellung von Projektbudgets für Bewohnende, die regelmäßige Veranstaltung von inklusiven Gruppenaktivitäten und Festen sowie die Gestaltung von Kooperationen mit Kirchen, Unternehmen und der lokalen Bevölkerung sichtbar. Des Weiteren ist es bemerkenswert, dass Agape.Home ein offenes Haus ist und es keine schriftliche Hausordnung gibt, dafür vieles über Kommunikation besprochen und gelöst wird. Dies alles trägt dazu bei, dass die Bewohner:innen sich zu Hause und angenommen fühlen. Im Haus gebe es kein „Fear of Missing Out“, so ein Gründungsmitglied. Es sei wie in einer Familie, wo man sich umeinander kümmere, sich nicht beweisen müsste und daher nicht das Gefühl entstünde, etwas zu verpassen.
Für das Projekt SPUR war die Lernreise nach Bad Heilbrunn insbesondere deshalb aufschlussreich, weil sie zeigt, dass durch gute regionale Vernetzung, u.a. mit der Kirche und der Katholischen Stiftungshochschule in Benediktbeuern, sowie der Zusammenarbeit mit psychiatrischen Einrichtungen in Bad Tölz ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen geschaffen werden kann. Selbst in einer kleinen Gemeinde wie Bad Heilbrunn (die Gemeinde zählt knapp 4.000 Einwohner:innen) kann es mit gutem Willen, viel Engagement und verlässlichen Kooperationspartner:innen gelingen, Häuser in Privatbesitz für gemeinschaftliche, inklusive Wohnprojekte zu nutzen. Schließlich zeigt Agape.Home, wie die Kompetenzen und Zuständigkeiten zwischen gemeinschaftlicher Solidarität und professioneller Unterstützung aufgeteilt werden können, sodass es weder zu einer Überlastung des Wohnprojekts und einzelner Bewohner:innen noch einer unzureichenden Versorgung der Bewohner:innen kommt.
Wir danken allen, die unsere Lernreise möglich gemacht und dazu beigetragen haben und hoffen, dass Agape.Home viele weitere zukünftige inklusive Wohnprojekte in ähnlichen Kontexten inspirieren kann.
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