Mit drei Fakultäten und 19 Departments bietet die Universität für Weiterbildung Krems ein breites Fundament für Forschung und Lehre. Durch ihre transdisziplinäre Ausrichtung setzt sie Impulse, die aktuelle und zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen prägen.

Von Benjamin Brandtner

 

Die Universität für Weiterbildung Krems versteht Wissenschaft als Auftrag, Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Die Besonderheit, mit Studierenden zu arbei­ten, die bereits langjährige Berufserfahrung mitbringen, schafft dabei Lern- und Forschungsräume, die weit über den akade­mischen Kontext hinausreichen. Transdisziplinarität, also der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis, ist mehr als ein methodisches Prinzip allein, sie prägt das Selbst­verständnis der Universität. An allen drei Fakultäten zeigt sich, wie Forschung und Lehre unmittelbar in die Gesellschaft zurückwirken.

 

Nahe am Menschen

In der Forschung bedeutet das, Ergebnisse dort zu erzielen, wo sie gebraucht werden: im Alltag, in Betrieben, in Institutionen – oder direkt bei Patient_innen. Gerade in der Medizin ist dieser Anspruch besonders klar. „Unsere Forschung ist großteils dort beheimatet, wo wir Dinge bewegen, die dann direkt bei den Patient_innen ankommen“, erklärt Stefan Nehrer, Dekan der Fakul­tät für Gesundheit und Medizin.

Beispiele reichen von innovativen Therapien bei Arthrose und Knorpelschäden über die Sepsisforschung bis zu neuen Ansätzen in der Demenzversorgung. Auch die psychische Gesundheit ist ein Feld, das stark an Bedeutung gewonnen hat. Sie reicht von Post-Covid-Belastungen bei Jugendlichen bis hin zu Fragen, wie psychotherapeutische Ausbildung und Versorgung neu gestaltet werden können. Mit der kürzlich eröffneten Universitätsambulanz für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hat die Fakultät eine beispielhafte Schnittstelle geschaffen, an der Forschung, Lehre und klinische Praxis direkt zusammenkommen.

Ein zentrales Zukunftsfeld der Medizin ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. In der bildgebenden Diagnostik etwa lassen sich Datenmengen sonst kaum noch bewältigen. „Ohne KI wird es keine Eva­luierung von Bildern mehr geben“, betont Nehrer. Forschung und Lehre reagieren darauf mit neuen Studieninhalten, von Algorithmen für die Mustererkennung in der Onkologie bis zu Anwendungen in Orthopädie und Traumatologie. Gleichzeitig stellt sich die Herausforderung, die „Blackbox“ maschineller Entscheidungen transparent zu machen und Patient_innen so einzubeziehen, dass Technologie nicht Entfremdung, sondern Vertrauen schafft. Fragen, für die künftig auch eine neue Professur für KI in der Medizin eingerichtet werden soll.

Barbara Brenner

„Wir betrachten gesellschaftlich vielschichtige Sachverhalte nicht nur inter­disziplinär, sondern vor allem trans­disziplinär.“

Barbara Brenner

Veränderungen im Alltag verstehen

Auch mit Blick auf ökonomische und gesellschaftliche Dynamiken geht es darum, sie zu verstehen und Gestaltungsoptionen aufzuzeigen. „Wir betrachten gesellschaftlich vielschichtige Sachverhalte nicht nur interdisziplinär, sondern vor allem transdisziplinär, also auf Augenhöhe mit der Praxis, mit gesellschaftlichen Akteuren“, sagt Barbara Brenner, Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung. Migration, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind Themen, die nicht gänzlich von der Praxis losgelöst beantwortet werden können.

Konkret arbeiten die Departments ihrer Fakultät etwa an Fragen zu E-Governance, wo untersucht wird, wie sich gesellschaftlicher Wandel auf Verwaltung und rechtliche Strukturen auswirkt. Künstliche Intelligenz spielt auch hier eine bedeutende Rolle: In aktuellen Projekten werden Agent-Based-Modelle eingesetzt, um komplexe Szenarien wie Ressourcensicherheit oder Wahlverhalten zu simulieren. Brenner verweist zudem auf Forschungen zur Rolle von KI im Rechtssystem: Von Ur­heberrechtsfragen bis zu ethischen Dilemmata stellt sich die Frage, wie Digitalisierung unsere Gesellschaftsordnung verändert.

Solche technologischen und gesellschaftlichen Umbrüche stellen nicht nur Systeme infrage. Sie verlangen zugleich nach Antworten, die im Alltag spürbar sind. Eva Maria Stöckler, Dekanin der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur, hebt diesen Praxisbezug hervor: „In unseren Angeboten entwickeln wir Lösungsszenarien für konkrete Probleme in Organisationen und Unternehmen, im Bildungswesen oder im Kulturleben“, erklärt sie.

Die Themen an der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur reichen von Strategien zur nachhaltigen Sanierung und Revitalisierung von Bestandsgebäuden sowie Facility- und Immobilienmanagement über Fragen der Bewahrung des kulturellen Erbes – hier ganz besonders in Zusammenarbeit mit den Landessammlungen Niederösterreich – und des Kulturgüterschutzes bis hin zur Entwicklung von Angeboten in der Weiterbildung, von der Elementarpädagogik bis zu den Hochschulen. Für Stöckler ist entscheidend, dass wissenschaftliche Arbeit nicht im Abstrakten bleibt. Sie soll in gesellschaftlichen Feldern konkrete Wirkung entfalten, sei es etwa im Wiederaufbau von durch Katastrophen zerstörten Gebäuden oder bei der Entwicklung innovativer Bildungsformate in einer digital geprägten Welt.

 

Weiterbildung als Antwort auf Wandel

Dass Forschungsergebnisse unmittelbar in die Gesellschaft zurückfließen, hängt auch mit der besonderen Form der Lehre zusammen. Studierende bringen ihre berufliche Erfahrung ein, Lehrende und Forschungsergebnisse erweitern diese Perspektiven. So entstehen im Zusammenspiel Lösungen, die direkt in die Praxis zurückwirken. Dieses Profil prägt die Weiterbildung und macht sie zu einem wertvollen Resonanzraum, aktuelle Entwicklungen und Problemstellungen aus dem Berufsleben zu behandeln.

„Ohne Weiterbildung ist eine Berufslaufbahn nicht mehr denkbar, auch und vor allem in der Medizin nicht“, sagt Nehrer. Weiterbildungsstudien und -kurzprogramme sind daher eng auf die Bedürfnisse der Praxis zugeschnitten. Sie reichen von neuen Verfahren in der Regenerativen Medizin über Managementfragen in Spitälern bis hin zu hochaktuellen Themen wie Künstliche Intelligenz.

Auch an der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung hält man fest, dass ein abgeschlossener Ausbildungsweg allein im Berufsleben nicht mehr ausreicht. „BWL ist teilweise neu zu schreiben“, führt Brenner als Beispiel an. In ihren Lehr­veranstaltungen stehen Fragen im Zentrum, die direkt aus der Praxis der Studierenden kommen: Wie verändert KI ein Geschäftsmodell? Welche Folgen haben Plattformlogiken für Märkte? Und wie können Unternehmen Unsicherheit in komplexen Kontexten bewältigen? Der intensive Austausch zwischen Forschung und Berufserfahrung macht Weiter­bil­dung hier zum Ort, an dem neue Antworten entstehen.

Stöckler verweist in diesem Zusammenhang auch auf sich verändernde Rahmenbedingungen für Berufstätige, die sich in kürzeren Planungszyklen, knapperen Ressourcen und vielfältigen Lebensrealitäten widerspiegeln. „Es gibt keine geradlinigen Biografien mehr. Wir müssen den Kontakt zu Menschen schon viel früher herstellen und begreifen daher Weiterbildung als lebensbegleitendes Lernen.“ Flexibilität in den Formaten, vom Blended Learning bis zu neuen Beratungs- und Lehrangeboten, ist deshalb auch zentral, um Wirkung entfalten zu können.

Stefan Nehrer

„Ohne Weiterbildung ist eine Berufs­laufbahn nicht mehr denkbar, auch und vor allem in der Medizin nicht.“

Stefan Nehrer

Brücken zur Gesellschaft

So unterschiedlich die Fakultäten inhaltlich auch ausgerichtet sind, verbindet sie der Anspruch, Wissenschaft nicht entkoppelt von der Gesellschaft zu betreiben. In transdisziplinären Projekten arbeiten Forschende gemeinsam mit Praxispartner_innen, politische Akteure und Bürger_innen sind aktiv eingebunden. Research Labs bündeln Themen wie Demokratie und Gesellschaft im Wandel, nachhaltiges baukulturelles Erbe oder Ressourcensicherheit. Citizen-Science-Initiativen eröffnen neue Wege der Beteiligung, etwa wenn Schüler_innen an Gesundheitsforschung mitwirken oder Bürger_innen sich an der Untersuchung jungsteinzeitlicher Siedlungen beteiligen.

Solche Formen der Verschränkung eröffnen neue Perspektiven für die Forschung. Durch die aktive Mitwirkung unter­­schied­lichster gesellschaftlicher Gruppen entstehen Daten und Erfahrungen, die im klassischen Wissenschaftsbetrieb kaum zu er­heben wären. Gleichzeitig wächst das Verständnis für wissenschaftliche Methoden, was langfristig das Vertrauen in Forschung stärkt und ihre Rolle in gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen festigen kann.

Stöckler ergänzt, dass Forschung eben auch Wirkung entfaltet, wenn Ergebnisse über Netzwerke weitergetragen werden. „Vieles von dem, was wir tun, wird an Entscheidungsträger in Politik oder Wirtschaft zurückgespielt“, sagt sie. Eine besondere Herausforderung liegt sicherlich darin, in einer Zeit, in der Information und Desinformation im Überfluss vorhanden sind, Aufmerksamkeit für wissenschaftliche Themen zu generieren. Gerade im digitalen Zeitalter habe dabei der Wert der persönlichen Begegnung wieder zunehmend an Bedeutung gewonnen.

„Die Impulse aus der Praxis sind dring­licher geworden“, sagt Brenner. Nachhaltigkeit, Big Data oder KI tauchen nicht nur in Forschungscalls auf, sondern in Anfragen von Unternehmen und Institutionen. Darauf reagiert die Universität mit der Bereitschaft, gesellschaftliche Probleme gemeinsam zu bearbeiten. Auch Nehrer unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass Ergebnisse nicht im Labor stehen bleiben dürfen: Entscheidend sei für ihn, Wissen unmittelbar in die Ausbildung einfließen zu lassen, von evidenzbasierter Medizin bis zu KI-gestützter Diagnostik.

Eva Maria Stöckler

„Es gibt keine geradlinigen Biografien mehr. Wir müssen den Kontakt zu Menschen schon viel früher her­ stellen und Weiterbildung als lebensbeglei­tendes Lernen begreifen.“

Eva Maria Stöckler

Über Grenzen hinaus

Die gesellschaftliche Verantwortung der Universität Krems endet nicht an nationalen Grenzen. Mit Initiativen wie der Plattform Crossroads in Academic Continuing Education (CACE) und der Allianz European University for Academic Continuing Education (EU.ACE) setzt sie Impulse, wie wissenschaftliche Weiterbildung im europäischen Hochschulraum verankert werden kann.

Diese Kooperationen haben mehrere Ebe­nen: Sie fördern einen strukturierten Erfahrungstransfer unter europäischen Hochschulen, sie vertiefen die Zusammenarbeit von Lehrenden und Studierenden, und sie entwickeln gemeinsame Programme, die Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder soziale Kohäsion in den Mittelpunkt stellen. Ergänzend arbeitet die Universität in der Allianz Nachhaltiger Universitäten in Österreich mit und engagiert sich in internationalen Netzwerken wie der Science Diplomacy Alliance.

Es geht um die Frage, wie Universitäten dazu beitragen können, Gesellschaften resilient, nachhaltig und zukunftsfähig zu machen. Für die Universität Krems heißt das, ihre Stärken – forschungsgeleitete Weiterbildung, transdisziplinäre Forschung und enge Praxisanbindung – weiterzuentwickeln und international einzubringen. Gesellschaftliche Wirksamkeit bleibt so – neben Qualität und Innovation – Leitmotiv und Anspruch zugleich: Forschung, Lehre und Praxis miteinander zu verbinden, um konkrete Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu geben.


BARBARA BRENNER 

Univ.-Prof.in Dr.in Barbara Brenner ist Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung und leitet dort das Department für Wirtschafts- und Managementwissenschaften – Danube Business School. 

 

STEFAN NEHRER

Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer ist Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin der Universität für Weiterbildung Krems und leitet dort das Department für Gesundheitswissenschaften, Medizin und Forschung. 

 

EVA MARIA STÖCKLER 

Mag.a Dr.in Eva Maria Stöckler, MA-ME ist Dekanin der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur und leitet dort das Department für Kunst- und Kulturwissenschaften. 

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